„Die Welt war voll mit malenden Frauen, Holz schnitzenden Männern, Volksballaden, Liedern, Schöpfungs- und Todesmythen sowie Volksmärchen. Achten wir darauf, dass die singenden Völker, die malenden Frauen und die Schnitzer nicht aussterben, denn mit ihnen vergeht der Mensch.”
Ferenc Juhász

Worin unterscheidet sich das Volkslied vom übrigen Gesang, worin die Volkskunst von der bildenden Kunst oder dem Kunstgewerbe? Die Antwort ist einfach: Beide widerspiegeln die Denkweise und die Gedankenwelt des Volkes. Die Kultur des ungarischen Volkes ist in Jahrhunderten des Bauernlebens entstanden. Folkloristische Schmuckstücke, die heute ein Kuriosum darstellen, galten früher – wenngleich sie mit künstlerischer Akribie angefertigt wurden – als Zubehör des täglichen Lebens; die Verzierungen der Objekte standen in vollem Einklang mit ihrer Form und dem Material.

In den einzelnen Regionen Ungarns haben sich unter Bauern, Hirten und dörflichen Handwerkern verschiedene Lebensformen herausgebildet und teilweise bis heute erhalten. Baustile, Trachten, Brauchtum und Mundarten der Matyós, Palózen, Kumanen und anderer Volksgruppen hatten ausgeprägte eigene Formen, die heute langsam der Vergangenheit angehören, seit die Industrialisierung und die Modernisierung auch das Leben der Dorfbevölkerung verändert haben. Weil immer mehr Dorfbewohner ihren Arbeitsplatz in der Stadt haben, werden die Volkstrachten nur noch an Sonn- und Feiertagen getragen, und die Pflege des alten Brauchtums beschränkt sich auf einige wenige Anlässe im Jahr.

Die alte Volks- und Bauernkultur ist heute auch in Ungarn unverfälscht nur noch dort zu finden, wo die alten Häuser, Gebrauchsgegenstände und das Brauchtum bewusst gepflegt und bewahrt werden. Das geschieht vor allem in den Bauernhaus-Museen, die nach dem berühmten schwedischen Freiluftmuseum von Stockholm ,,Skansen” heißen – die bekanntesten sind die Dorfmuseen von Szentendre bei Budapest und in Szántód am Plattensee.

Früher konnte man die landschaftliche Zugehörigkeit, den gesellschaftlichen Stand, den Beruf, den Familienstand und das Alter der Landbevölkerung durch die Trachten am augenscheinlichsten unterscheiden. Bei den Frauen spielte die Kleidung eine ganz besondere Rolle ( das hat sich bis heute nicht verändert ). Die jungen Mädchen trugen bunte Kleider. Die Kleider der jungen Frauen hatten noch Verzierungen, die mit zunehmendem Alter immer bescheidener wurden, während die Witwen und alte Leute nur noch schwarze Kleider trugen. Unterschiedlich war auch die Kopfhaube. In einigen Gegenden trugen die Mädchen einen Jungfernkranz. Sie flochten ihre Haare nach hinten zu einem Zopf. Die Frauen bedeckten ihren Haarknoten mit einem Kopftuch.
Gewöhnlich wird von der ungarischen Volkskunst als einem einheitlichen Ganzen gesprochen. Dabei gibt es so viele Motive und Bedeutungen in der Ornamentik, wie Landstriche. Die Palozen fertigten einfache Leinenstoffe, während die Sárközer Frauen wegen ihrer Webkunst berühmt waren. Von den kunterbunten Kalocsaer Stickereien lassen sich die Matyó-Motive spielerisch unterscheiden, wo bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts nur mit blauem und rotem Faden genäht wurde. Die geometrisch angelegten Gegenstände richten die Gedanken in die Vergangenheit; die gewölbten und lustige Szenen darstellenden Schnitzereien stammen aus der Holzschnitzkunst der transdanubischen Hirten.

Jedes Motiv und jede Farbe hat eine eigene Bedeutung. Auf den ältesten Stickwerken und Leinen fand sich eine einzige Farbe, das Rote, das in erster Linie Freude und Begeisterung sowie eine feierliche Stimmung zum Ausdruck bringt. Der roten Farbe schrieb man in früheren Zeiten eine Wehrkraft zu: Es wurde mit dem Leben, dem Blut, dem Leben spendenden oder es zerstörenden Feuer, dem Licht verbunden, und mit roter Farbe wurden die Kleinkinder gegen die Verderbnis geschützt. In der Volkstracht drücken die roten Hauben oder der Kopfschmuck der Bräute und jungen Frauen Gesundheit und Jugend aus. Das Weiß steht für Reinheit und Unschuld, doch verweist es etwa im südlichen Somogy außerdem auf das Alter und die Bleichsucht, weshalb es auch die Farbe der Trauer ist. Auch die blauen und grünen Farben werden mit dem Altern in Verbindung gebracht; ihre Träger sind zumeist keine jungen Frauen. Schließlich ist selbst das Dunkelblau eine Farbe des Alters, wobei seine Bedeutung in Weisheit, Besonnenheit, Friedfertigkeit und dem Ausgleich mit der Welt liegt.

In den Volkstrachten der Ungarndeutschen ist die Farbenkombination dunkelblau-weiß wichtig, die auf Ruhe und Nützlichkeit verweist. Ein mittleres Grün steht in der Volkskunst für den Frühling, die Hoffnung und die Erneuerung: Schon den frühlingshaft grünen, belaubten Zweigen wurde ein Fruchtbarkeitszauber zugeschrieben.
Häufig trifft man grüne Keramik und Möbel an, und auch das Symbol der im Freien lebenden Hirten war das Grün. Das Gelb ist die Farbe der sengenden Sonne, steht also für Verwelken und Vergänglichkeit und ist deshalb in den Ornamenten nicht sonderlich beliebt. Schwarz ist das Zeichen der Trauer, wobei es bei den Palozen z.B. in Hollókö auch die Farbe des festlichen Bettbezugs ist. Vor dem I. Weltkrieg waren dagegen auch die Brautkleider in den meisten Gegenden des Landes schwarz.

Die folkloristische Ornamentik nahm Mitte des 19. Jahrhunderts farbigere Töne an. Die einst lediglich weiße, schwarze, rote und blaue Baumwollfäden verwendende Stickkunst von Kalocsa bedient sich heute bereits 22 verschiedener Farbtöne. Wir können der Volkskunst auf Schritt und Tritt begegnen, die eine neue Blütezeit durchlebt.
Die bedeutendste Zurschaustellung des Volkskunsthandwerks ist das Fest der Zünfte, das in jedem Jahr zwischen dem 16. und dem 20. August in der Budaer Burg veranstaltet wird. Auf dem Markt der durchweg zertifizierten Produkte sind praktisch alle Handwerke vertreten. Man kann nicht nur kaufen, sondern sich gleich für das eine oder andere Zunfthandwerk „anlernen” lassen. Ausprobiert werden können z.B. das Weben, das Töpfern, das Eiermalen und selbst die Anfertigung von Hufeisen oder das Korbflechten.

In der Volkskunst Transdanubiens, also Westungarns, sind bei den Trachten, im Baustil, bei Schnitzarbeiten sowie in den Gegenständen aus Glas und Keramik die meisten fremden Einflüsse zu erkennen. Hier war die Landbevölkerung schon seit jeher wohlhabender als in der Tiefebene. Das zeigt sich besonders in den Trachten. Neben den reich bestickten und farbenprächtigen Kleidern findet man auch solche, die – zum Beispiel in Sárköz– aus Brokat und Samt gefertigt sind. Tischdecken und Tücher sind reich gemustert, die Tischdecken tragen den gestickten Schmuck nicht nur an den Rändern, sondern auf der vollen Fläche. Die Häuser sind zum größten Teil aus Holz gebaut, in einigen Gegenden Transdanubiens wurde auch Naturstein verwendet. Schränke, Tische und Stühle sind entweder geschnitzt oder bemalt. Besonders prächtig gemalte Ornamente hatten die Truhen aus der Gegend um Komárom an der Donau.

Weite Teile der Großen Tiefebene, wo die Türkenzeit am meisten Spuren hinterlassen hat, eigneten sich wegen der häufigen Hochwasser nicht zum landwirtschaftlichen Anbau, hier herrschte Weidewirtschaft und damit die Hirtenkultur vor. Man findet hier vor allem Schnitzarbeiten.

Während in den langen Wintermonaten die Frauen Bettwäsche webten oder ihre Kleidung verzierten, die Männer kleinere und grössere Werkzeuge und Gebrauchsgegenstände an. Sie spiegeln mit ihrer schönen, gefälligen Form die Freude der Menschen am Verzieren wider, bringen ihre Gefühle zum Ausdruck. Wir fassen diese Gegenstände unter dem Begriff Volkskunst zusammen. Allerdings ist dieser Begriff nicht ganz zutreffend. Fertigte man sie doch nicht aus einem inneren, künstlerischen Bedürfnis an. Sie dienten immer einem bestimmten Zweck. Die Schnitzereien des Peitschenstils und Hirtenstockes, die Form der Tongefässe sind von der Funktion des Gegenstandes nicht zu trennen.

Stickerei gab es nur auf Wohntextilien wie Kissen, eine Ausnahme bildet die Gegend um Kalocsa wo auch Kleidungsstücke üppige Stickereien trugen. (siehe Bilder)

Die schilfgedeckten Häuser der Hirten und Bauern der Tiefebene waren überwiegend aus Lehm gebaut, oft sogar die kalvinistischen Kirchen, die mit hölzernen Türmen versehen waren. Im Karpatenbecken sind auch in sehr vielen kalvinistischen Kirchen sehr reich verzierte und bemalte Holzdecken in Kasetten zu sehen. (siehe Bilder)

Bei der Einrichtung waren die bemalten Möbel typisch, die oft von wandernden Kirchenmalern mit Ornamenten bemalt wurden. So findet man in der Gegend von Hódmezövásárhely an der Theiß Möbel mit roten Schmuckmotiven auf blauem Untergrund. In der Großen Tiefebene war die Keramik-Manufaktur weit verbreitet. In den Töpfereien von Hódmezövásárhely, Debrecen, Mezötúr und Karcag wurde ein jeweils eigener Stil entwickelt, die Produkte wurden von den Handwerkern auf oft weit entfernte Märkte gebracht, wo sie sich gut verkaufen ließen.
Die Tiefebene ist auch die Heimat der Mäntel und Jacken aus Schaffellen und Schafwolle. Der lange Mantel „Szür” wurde im Sommer mit dem Fell nach außen getragen, im Winter nach innen, man konnte darin sogar schlafen. Die kurzen Jacken hatten die Lederseite außen, die Fellseite innen.

In Nordungarn ist das Matyóland am Rand des Mittelgebirges folkloristisch besonders
interessant. Für die Trachten sind hier die üppigen Stickereien charakteristisch, sogar für die Trachten der Männer. Auch Heimtextilien sind reich bestickt. Die Frauenröcke sind lang, es werden nur einige übereinander getragen. Die Paldóczenfrauen hingegen tragen unter dem farbigen Rock zehn bis vierzehn Unterröcke aus Leinen, ihre Kopftücher und Hauben sind sehr unterschiedlich gestaltet.

Auch in Nordungarn sind schöne Gegenstände der Hirtenschnitzerei entstanden. Wegen des Waldreichtums Nordungarns sind die Bauernhäuser fast ausschließlich in Holzbauweise errichtet worden. In den Töpferwerkstätten hat man überwiegend einfache Fayencegefäße hergestellt, für das Gebiet um Gyöngyös sind die blauweißen Farben, für das Gebiet um Sárospatak die dunklen Grundfarben typisch.

Bauerhäuser

Die alten ungarischen Bauerhäuser bestanden im allgemeinen aus 3 Räumen. In der Mitte befand sich die Küche.
Am Anfang wurde auf offenem Feuer gekocht, später auf einem aus Eisenplatten zusammengesetzten Herd.

Man beheizte den Raum vom Backofen aus, in dem von der anderen Seite des Ofens, von der Küchenseite aus, auch das Brot wöchentlich ein-zweimal gebacken wurde.
Der eine Nebenraum war eine Kammer, in der man in Tongefässen, Holzkisten und Säcken einen Teil der für den alltäglichen Bedarf notwendigen Lebensmittel aufbewahrte. Von der anderen Seite der Küche ging man in die Wohnstube. Sie diente nicht nur zum Schlafen, sondern hier verrichtete man hauptsächlich in den Wintermonaten die Arbeiten, für die im Sommer durch die Feldarbeit die Zeit nicht reichte. Hier wurde gesponnen und gewebt. Hier hatten das Spinnrad und der Webstuhl ihren Platz. Hier wurden die Festkleidung und Bettwäsche aufbewahrt. Die Aussteuer der Tochter befand sich in bemalten Truhen mit Blumenmuster, in den sogenannten Tulpentruhen. (siehe Bild)

Die ungarische Volkskunst kannte über 1100 verschiedene Tulpenmotiven.

In der ungarischen Tiefebene gab es kaum Steine und nur wenig Holz. So baute man die Häuser auf Holzpfählen und verschmierte die aus Zaungeflecht bestehenden Wände mit Lehm. Das war das sog. Stützhaus, das man im Notfall, wenn auch nicht leicht, versetzen und bei eventuellen Wasserschäden wieder mit Lehm verputzen konnte. Die einfachen Häuser wurden mit Schilf, die vornehmeren mit eine Holzschindeldach gedeckt. In Transdanubien, in den Gebirgsgegenden, bauten die Einwohner ihre Häuser dort aus Steinen, wo sie reichlich vorhanden waren.

VOLKSBRÄUCHE, VOLKSFESTE

Kirmes war die Feierlichkeit für den Schutzheiligen der Dorfkirche. Ein beliebtes Geschenk an diesem Tag war der Lebkuchen (Honigkuchen), der in schön geschnitzten Holzformen zubereitet wurde und je nach Ausführung seine Bedeutung hatte. So kaufte der Brautwerber seiner Auserwählten ein Herz mit einem Spiegel in der Mitte und Zuckerglasur. Die kleinen Mädchen erhielten eine geformte Puppe im Wickelkissen, die Buben Husaren. Diese Formen sowie die nach alten Vorlagen nachgearbeiteten Tontöpfe und buntbemalten Ostereier sind heute noch überall erhältlich.

Beim Feiern schöpfte man Freude und neue Kraft. Die traditionellen Volksfeste waren immer an Jahreszeiten, an Feiern der Kirche oder an bedeutende Ereignisse in der Landwirtschaft, wie Ernte oder Weinlese, gebunden.

In den Wochen vor Weihnachten, zur Adventszeit, führte man in vielen Dörfern die Betlehemspiele durch. Die Krippe von Betlehem wurde im allgemeinen in eine Kiste gelegt, die die Form eines Hauses oder Krippe hatte. Die Kinder verkleideten sich als Hirten. Mit einem Stock in der Hand wanderten sie von Haus zu Haus, sangen und sagten Sprüche auf, die nach biblischen Vorlagen geschrieben wurden. Sie spielten die Geschichte der Hirten, denen der Engel Gabriel die Geburt des Erlösers verkündete.

Nach dem vielen Feiern, Essen und Trinken begann die grosse Fastenzeit, die bis zum Faschingsdienstag anhielt. Die Kirche versuchte, gegen die ungezügelten Feste aufzutreten. Ungeachtet dessen feierte man in ganz Europa Fasching. Dieser Brauch geht bis in das Mittelalter zurück.
In Westungarn ( sowie in Österreich) war das Stockreiten ein freudiges Spiel am Ende der Faschingzeit. Die Jungfrauen und Junggesellen, mussten auf einem grossen Stock durch das Dorf ziehen, wobei sie Gelächter und Spott der Dorfeinwohner begleitete.
Auch die Volksbräuche zur Osterzeit gehen bis ins Mittelalter zurück. Unterlagen und Funde weisen aber auch auf Spiele und Zeremonien in vorchristlicher Zeit hin. Sie alle dienten dazu, den Winter zu vertreiben, den Frühling zu begrüssen und eine gute Ernte zu beschwören.

Faschingsmagie
Masken, Tanz und Schlemmereien

Der von Dreikönig (6. Januar) bis zum Aschermittwoch andauernde Fasching ist seit langen
Jh.-en die Zeit der Masken, des frühlichen Feierns und des Schlemmens.
Fasching und Karneval haben den gleichen Ursprung. Der letzte Tag, der Höhepunkt des Faschings ist die Fastnacht. Und hinter dem Wort „Karneval” versteckt sich „Carne, vale”- was auf italienisch so viel heißt wie: Fleisch,adieu! und auf die kommende Fastenzeit hinweist.
Italien wird als Wiege des Faschingfestes gehalten, Vorläufer sollen die römischen Saturnalien gewesen sein. Vor dem Tempel des Gottes Saturn wurden Opfer dargeboten und ein Festschmaus veranstaltet. Diese Feierlichkeiten schloss anschliessend ein kostümierter Umzug ab.
Das ungarische Wort „Farsang” kommt ursprünglich aus dem bayrisch-österreichischen Vaschang, was Fleischlosigkeit bedeutet.

Vom Königshof bis zum Dorf verkleidete und maskierte man sich, um wenigstens für einige Tage im Jahr alle Regeln umzustoßen und in die Haut von jemand anderem zu schlüpfen: Frauen zogen sich oft als Männer an und umgekehrt, Rang-und Geldunterschiede wurden vorübergehend aufgehoben, ebenso Regeln und Gesetze. Unterdrückten Gefühlen, Agressionen und Instinkten wurde freier Lauf gelassen, verbotene Glücksspiele, Schlägereien, Unsittlichkeiten, Skandale, Orgien und das laute Feiern des Lebens unter der Obhut der Masken bestimmten diese Tage. Alles war erlaubt.
Die Welt stand Kopf. Kein Wunder, dass die Kirche lange Zeit auf Kriegsfuß mit dieser Lustbarkeit stand und mit allen Mitteln versuchte, das profane „Fest des Teufels” aus dem Leben der Christen zu verbannen. Wie wir wissen, mit recht mäßigem Erfolg. (Die Kirche hat dennoch etw. erreicht, dass das Volk Angst vor den Folgen der teuflischen Ausschweifungen bekam, wie es folgender Volksglaube aus der Slowakei sagt: Wer in der Fastnacht stirbt, kommt in di Hölle, denn das Himmeltor ist an diesem Tag geschlossen.)
Allmählich haben sich die „wilden” Bräuche gemildert, wenigstens in den Kreisen der Aristokratie. In den Palästen Europas hat man immer öfter „zivilisierte” Maskenbälle und Tanzfeste gefeiert.

Winteraustreibung

Der symbolische Kampf zw. Winter und Frühling wird auf fast allen ungarischsprachigen Gebieten unter anderem in Form eines Schauspiels dargestellt, nicht selten auch die Vernichtung und Unterwerfung des Winters durch eine beerdigte, verbrannte oder eben ertränkte Puppe symbolisiert.
Auch der Tanz dient magischen Zwecken, und zwar, den Frühling heraufzubeschwören und Fruchtbarkeit, wichtig ist für das Überleben des Volkes, zu sichern.
Fasching war in Ungarn lange Zeit die günstigste Zeit zur Heirat: die Natur erwachte, gebündelte Fruchtbarkeit lag in der Luft- was sich günstig auf die Zukunft des jungen Paares auswirken sollte.
Auch das Ausleben unterdrückter Instinkte lassen sich in Ungarn Beispiele nennen: das sog. busójárás in Mohács, das dieses am Anfang März gefeiert wird. Zu Fasching verkleiden sich die Männer dort jedes Jahr: sie ziehen sich Schafsfelle über, stopfen Stroh in die Hosenbeine und krönen schliesslich „das Werk” mit einer fürchterlichen Teufelsfratze. Diese mit Blut bemalten Akazienmasken verleihen ihren Trägern Anonymität und das Recht, alles erdenkliche zu tun, was ihnen nur einfällt. Mit einer laut knarrenden Ratsche in der Hand ziehen sie in Gruppen durch die Strassen und erstrecken die Leute. Um ihre Tobsucht zu mildern, hat ihnen das Volk Leckerbissen und Palinka vorgesetzt.
Heute muss sich kein Besucher mehr von ihren wilden Attacken fürchten, die Tätigkeit der „busos” beschränkt sich nur auf das Erschrecken der Menschen, auf die ohrenbetäubenden Geräusche, die sie machen, auf das wilde Herumtanzen und natürlich auf ausgiebiges Essen und Trinken.

Locsolkodás –ein feuchtes Ostervergnügen

Vorösterliche Zeit

Zu Beendigung der Faschingszeit ist es in Ungarn, wie in vielen Ländern auch Brauch, eine den Winter symbolisierende Puppe zu verbrennen, um Hunger und Krankheit zu vertreiben.
Der sog. „Blumensonnatg”- der letzte Sonnatg der Fastenzeit. An diesem Tag wurden in den Dürfern grüne Zweige herumgetragen, mit denen man Mädchen schlug- der Fruchtbarkeit der Natur sollte auf diese Weise nachgeholfen werden.
Auch die durch Verbrennung gewonnene Asche der Weidenkätzchen,die am Palmsonntag geweiht wurden, besaß diese Kraft: am Aschermittwoch (daher der Name) begann durch die Verbrennung der Zweige aus dem letzten Jahr, deren unglücksabweisende Asche den Gläubigen auf die Stirn gestrichen wurde.

Die Karwoche
Die Bräuche folgen den biblischen Geschichten. Sie beginnt mit Palmsonntag uns steht in Verbindung mit den Erreignissen aus dem Leben von Jesu, wie dem Einzug nach Jerusalem oder dem letzten Abendmahl.

Grünndonnerstag
Als dieses gefeiert wurde wuschen der Papst, Könige und viele Adelige als Symbol der Gastfreundlichkeit
wie Jesu die Füsse von 12 Mönchen.
Noch heute herrscht der Brauch, dass am Gründonnerstag etw. grünes gegessen werden sollte-zB.: Salat oder Spinat.

Karfreitag
Die Menschen gingen auf die am Rande der Ortschaften liegenden Kalvarienberge, wo sich bei allen Kapellen stehen blieben und die Stationen Jesu Kreuzgangs durchliefen. Altare und Kirchen wurden bedeckt, die Kirchenglocken schwiegen.

Karsamstag
Die Auferstehung Christi wird auch in der Abendprozession angekündigt, in der die Gemeinde singend vor den erleuchteten Fenstern der Häuser um die Kirche und das Dorf herum zieht.
Den Neuanfang symbolisieren ebenfalls das Anzünden der Osterkerze und das Auffüllen der Weihwasserbecken, oder eben die einfache Geste,zum Ostergottesdienst neue Kleider zu tragen. Auf dem Land, aber auch in Siebenbürgen und anderen von Ungarn bewohnten Gebieten, trägt man zu diesem Anlass oft noch traditionelle Volkstrachten.
Am Abend des Karsamstags läuten die seit Grünndonnerstag schweigenden Glocken wieder; sind aus Rom zurückgekehrt, heisst es. Einem Volksbrauch zufolge gehen die Glocken am Grünndonnerstag nach Rom; von wo sie (Oster)Eier mitbringen, die nach ihrer Rückkehr im Gras versteckt und von Kindern gesucht werden müssen.

Ostersonntag
Dieser Tag ist das Fest des Urelements Feuer, da am Vorabend in der Kirche das neue Feuer gefeiert wird.
Die Christi symbolisierende Kerze angezündet wird.
In vielen Ländern ist es Brauch, an diesem Tag den Sonnenaufgang von einem hohen Hügel anzuschauen, um das Lamm Gottes zu sehen.

Ostermontag
Man wird mit Wasser bespritzt. Eine liebenswürdige Sitte in Ungarn, daß die jungendlichen Mädchen die Männer die Frauen mit Kölnischwasser bespritzten, dabei sagen sie ein kurzes Gedicht auf. Das schöne Mädchen ist eine Blume, die man nicht verwelken lassen kann.
Überall im Lande lebt diese Sitte, in manchen Gegenden werden die Mädels nicht mit Kölnischwasser bespritzt, sondern mit eiskaltem Wasser aus Brunnen. Die Frauen erwidern die Aufmerksamkeit der Männer , daß sie die Männer mit frisch gekochtem Osterschinken bewirten. Als Andenken erhalten die Männer ein schönes rotes Ei.

Kunst rund ums Ei
Das Bemalen oder Farbe von Ostereien ist bei uns eine besondere Kunst. In manchen Orten wird auf das Ei ein kleines Hufeisen geschlagen.
An Ostern geht es in den meisten ungarischen Haushalten ähnlich zu: Eier werden von den Frauen verziert, besprenkelt, ausgeblasen, ausgekratzt, beschrieben, beklebt, bemalt, bewachst und geätzt, beschlagen, um nur einige der zahlreichen Techniken zu nennen, damit dann die kleinen Kunstwerke am Ostermontag den Männern gegeben werden, die die Frauen in Begleitung von mehr oder wenigen gelungenen Reimen mit Wasser oder Parfüm begiessen. Für diese „Wohltat” erhalten sie zusätzlich noch ein Gläschen Schnaps und etw. zu essen.

Die rote Farbe des Eis verweist auf den lebendigen, auferstandenen Christus und auf sein vergossenes Blut. Eier sind auch die Symbole der Fruchtbarkeit und stehen sinnbildlich für den zyklischen und fortdauernden Charakter des Lebens.Ihre runde Form drückt Hoffnung auf die Wiederkehr ins Leben aus.
Das christliche Osterei symbolisiert das neue Leben, das die wie tot aussehende Eierschale immer wieder durchbricht. Bemalte Eier haben die Chinesen schon vor 5000 Jahren zum Frühlingsfang verschenkt. Im 18. Jh. tauschte man richtige Eierkunstwerke als Freundschaftssymbole untereinander aus, die bekanntesten Beispiele sind die kostbaren Faberge Eier der Romanows oder die Porzellaneier der Hohenzollern.

Osterspeisen, Eier und Wasser spielen eine zentrale Rolle in den ungarischen Osterbräuchen. Vielerorts werden die traditionellen österlichen Speisen – Schinken, Meerrettich, Hefezopf, Eier- in einem zugedeckten Korb mit zum Gottesdienst genommen und in der Kirche geweiht, um die Auferstehung Christi beim anschliessenden Mahl gebührend feiern zu können. Die Fastenzeit ist zu Ende.
Die Erinnerung an dieses ist in der engl.-en Sprache bis heute lebendig geblieben: das Frühstück – nach der „durchfasteten” Nacht wird breakfast benannt.
Die Reste des Mahls wurden um das Haus herum und auf den Feldern vergraben, um sich Glück und eine gute Ernte zu sichern.

Siebenbürgen

Für die Fruchtbarkeit sorgt man in Siebenbürgen bis heute auf eine ganz andere Art und Weise. Da dort die meisten Menschen immer noch von dem Ertrag ihrer Felder abhängig sind, ist der Brauch der Felderweihe bis heute lebendig geblieben.
Am Morgen des Ostersonntags versammeln sich die in Volkstracht gekleideten Männer und ziehen auf festlich geschmückten Wagen oder zu Pferde mit dem Pfarrer um die Felder. Von Zeit zu Zeit bleiben sie stehen, reinigen Graben und Wasserquellen, kontrollieren Grenzzeichen und beten während der Geistliche die Äcker segnet.
Nachdem die Osterreiter zurückgekehrt sind, beginnt der Gottesdienst.

An diesem Tag gehen die Männer zum Haus ihrer Liebsten und schmücken den Zaun mit Tannenzweigen, an die sie bunte Bänder und Eier hängen.
Wehe den Mädchen, sie werden am nächsten Morgen eimerweise mit Wasser begossen, damit sie nicht verwelken, wie es in den etw. erotisch angehauchten volkstümmlichen Erzählungen heisst. Der Ursprung dieses Brauches ist bis zum heutigen Tag unklar. Eine Erklärung lautet, dass die Wächter des Grabes Jesu die Frauen, die seine Auferstehung verkündeten, mit Wasser begossen hätten.

Maifeier und Pfingsten

Einer der letzten Feiertage des Frühlings ist der 1. Mai. An diesem Tag schmücken die jungen Burschen einen geraden Baum mit bunten Bändern und Blumen und stellen ihn vor das Haus eines jungen Mädchens. Vielerorts ist dieser Brauch mit dem Pfingsfest verbunden. Hier wählte man unter den Jungen und Mädchen einen Pfingstkönig und eine Königin. Die Herrschaft des „Königs” dauerte ein Jahr. Während dieser Zeit mussten die anderen jungen Burschen in gewisser Hinsicht den „Befehlen” des Königs Gehorsam leisten. Diese bezogen sich in erster Linie auf Feiern oder gelten beim Trinken in der Dorfkneipe.

Die Nacht des Heiligen Ivans

Der Brauch des Feueranzünders am Tag des Heiligen Ivan war nicht nur in Ungarn, sondern in ganz Europa Sitte, in der Nacht zum 24. Juni, dem Tag des Heiligen Johannes des Täufers, in feierlicher Form ein Feuer, das Johannisfeuer zu legen. Man übersprang es, ähnlich, wie es bei Bauernhochzeiten in einigen Teilen des Landes üblich ist. An anderen Orten wieder trug man zur Sommersonnenwende brennende Fackeln oder Zweige durch das Dorf, oder aber rollte man ein brennendes Rad durch den Ort. Bei all diesen Zeremonien sang man Lieder, Zaubergesänge, deren Texte teilweise noch heute erhalten sind. (Der Name Ivan ist der slawische Name für Johannes.)

31. Dezember

Der Abschied vom alten Jahr kann kaum als Volksbrauch angesehen werden. Unabhängig von gesellschaftlichem Stand oder Bildung wird der letzte Tag des Jahres in Stadt und Land gleichermassen mit Essen und Trinken verbracht.
Das Bleigiessen wurde in vielen ländlichen Teilen des Landes gepflegt. Dabei wurde das flüssige Blei in kaltes Wasser gegossen und aus der entstandenen Form die Zukunft vorausgesagt.
Allgemeiner Auffassung nach ist der erste Tag des Jahres für Wahrsagungen besonders geeignet, ein Glück bringender Tag.