Magyar nyelv nagyon nehéz – über meine Hassliebe zur ungarischen Sprache
Dieser Artikel wurde veröffentlicht am 19. März 2013,
Die ungarische Sprache ist eine der schwersten der Welt – dies ist nicht nur eine Formel, sondern das sagt jeder, der Ungarisch lernt und sogar jeder, dessen Muttersprache Ungarisch ist. Wieso? Darauf und auf meine persönlichen Fortschritte in magyar möchte ich im folgenden Artikel eingehen.
So lerne ich Ungarisch: Mit zwei Büchern und Karteikarten
Einige Zeitgenossen wunderten sich vielleicht, warum ich schon länger keine Blogbeiträge geschrieben habe. Das liegt einfach daran, dass nicht viel besonders Erwähnenswertes, das allgemein interessant ist, in letzter Zeit geschah. Kurz zusammengefasst: Ich war leider oft krank, dafür lief in der Schule soweit alles glatt und ich verbrachte wunderbare Wochenenden in Budapest. Warum so häufig in Budapest? Mein Mitfreiwilliger Christian ist von Vác nach Budapest gezogen, und ich Glücklicher kann seine Gastfreundschaft oft in Anspruch nehmen. Klar, mein Job ist spannend, dennoch sind die Wochenenden in Budapest immer das i-Tüpfelchen meines Freiwilligendienstes. Von ausgelassenem Feiern im „instant“ über einem entspannten Tag im Király fürdő (Königsbad) und einem superleckeren Abendessen im „Vapiano“ bis hin zu einem offiziellen Treffen in der deutschen Botschaft war alles dabei.
Was die letzte Zeit aber ebenso deutlich prägte, war das Lernen der ungarischen Sprache. Hierfür möchte ich mit einem kleinen Rätsel starten, das am Ende des Artikels aufgelöst wird:
Was könnten die ungarischen Wörter „dszessz„, „szendvics“ und „menedzser“ bedeuten? Kleiner Tipp: Es sind alles auch im Deutschen Fremdwörter, die hier nur „eingeungarischt“ wurden.
Eine Sprache zum Fluchen
Den ersten Kontakt zur ungarischen Sprache hatte ich, als Bekannte meiner Eltern, das Familienoberhaupt selbst gestandener Ungar, mir ein kleines Büchlein zum Stöbern und Beginnen des Ungarischlernens mitbrachten. Zunächst kam mir die Sprache wie ein Buch mit sieben Siegeln vor, ich hatte keinen blassen Schimmer von der Aussprache, die in dem Buch sehr unsauber darin übersetzt wurde, wie die Wörter von einem Deutschen ausgesprochen werden würden. Ich begann zwar einige Wörter und Sätze auswendig zu lernen, fand aber keine rechte Freude daran.
Meine Ungarischkenntnisse beschränkten sich also bei Ausreise im September 2012 auf einen kleinen Bruchteil wie igen (ja), nem (nein), köszönöm (danke) oder tessék (bitte). Anfangs brauchte ich auch gar nicht viel zu wissen, da mein Umfeld zumeist fließend oder sehr gut in Deutsch oder Englisch war. Die ersten Eindrücke des „richtigen“ gesprochenen Ungarisch bekam ich durch Schülerinnen und Schüler, die mir Schimpfwörter beibrachten, wobei ich an dieser Stelle das harmloseste nennen möchte: Szar (scheiße). Ja, eines merkte ich: Auf Ungarisch kann man verdammt gut fluchen, es gibt unendlich viele Kombinationen, wie man jemanden beleidigen oder sogar „ich wurde gefeuert“ unhöflich formulieren kann.
Schule mal anders
Zugleich hörte ich tagtäglich die ungarische Sprache an meinem Arbeitsplatz, z.B. wenn sich meine Kolleginnen und Kollegen mal nicht auf Deutsch unterhalten wollten. Außerdem wird der Deutschunterricht an meinem Gymnasium (und ich nehme an in Gesamtungarn) nicht rein auf Deutsch geführt; wenn ein Schüler eine Frage auf Ungarisch stellt, kann es gut sein, dass die Lehrerin sie auf Ungarisch beantwortet und die gesamte Klasse dann in eine Diskussion (auf Ungarisch natürlich) verfällt.
(Ich kann mich noch gut daran erinnern, welche Mittel meine ehemaligen Englisch- und Französischlehrer eingesetzt haben, damit wir auch ja die ganze Stunde nur in der Fremdsprache sprechen, z.B. presentation letter, ein Brief der in der Klasse herumgereicht wird, und zwar immer zu der Person hin, die als letztes Deutsch gesprochen hat; wer am Ende der Stunde den Brief auf seinem Tisch hat, muss die nächste Stunde eine kurze Präsentation machen. Eine langwierige Diskussion auf Deutsch über irgendetwas, das nicht enorm wichtig wäre, wäre gar nicht infrage gekommen.)
Und um ehrlich zu sein: Ich hatte überhaupt keine Ahnung, was sie von sich gaben. Mich packte der Ehrgeiz. Als sprachbegabter Junge muss es doch möglich sein, Ungarisch einigermaßen zu erlernen. Wie von „kulturweit“ gewollt begann ich einen privaten Sprachkurs, und zwar mit einer meiner Kolleginnen und dem amerikanischen Gastlehrer Scott. Wir treffen uns einmal in der Woche und behandeln Stoff kurioserweise aus einem Buch, in dem man Ungarisch auf Ungarisch lernen kann. Dennoch funktioniert es (mit einer Lehrkraft) ganz gut. Einmal in der Woche fand ich aber zu wenig, so fing ich mit einem Selbststudium aus dem Buch „Powerkurs Ungarisch“ von Pons an.
Wo die Schwierigkeiten anfangen…
So weit, so motiviert. Aber wo liegen eigentlich die Schwierigkeiten im Ungarischen? Und, falls vorhanden, gibt es etwas, das leicht zu lernen ist?
Die erste große Schwierigkeit ist das Alphabet. Nein, man muss nicht eine komplett neue Aussprache lernen (da die meisten Buchstaben deckungsgleich mit dem deutschen Alphabet sind), man muss sich nur mit der Aussprache einiger der 42 Buchstaben anfreunden. Beispiele: der Buchstabe a wird wie eine Mischung zwischen a und o ausgesprochen, damit hatte ich wohl am meisten Probleme. Weiter geht es: gy wird wie dj ausgesprochen, aber auf einmal. Wenn man sich da vertut, wird man eventuell nicht verstanden.
Es hat bei mir lange gedauert, bis dieses Alphabet in meinem Kopf eingehämmert war, zum Beispiel auch, dass das deutsche s auf Ungarisch ein esch ist. Dann meinte ich, Ungarisch so langsam zu verstehen. Ich wusste die wichtigsten Ausdrücke und Sätze, wenn ich Ungarisch in den Deutschstunden benutze, fanden es die Schüler super.
Das Schöne an dieser Sprache ist, dass die Buchstaben IMMER gleich ausgesprochen werden, Kombinationen von Buchstaben sind schon im Alphabet inbegriffen. Das bedeutet: Wenn ich ein Wort auf einem Schild im Supermarkt sehe, kann ich es richtig aussprechen, aber weiß nicht unbedingt, was es heißt.
Doch die nächste Schwierigkeit ließ nicht lange auf sich warten. Ungarisch ist eine agglutinierende Sprache, d.h. sie will alles, aber auch wirklich alles in ein Wort zusammenfügen. Dies ist zunächst praktisch für den Lernenden: mi (was) und van (es ist/ gibt) ergeben mivan, was „was geht (ab)“ bedeutet. Dennoch, die Endungen haben es in sich. Sie wären nicht so schwierig, wenn nicht immer die „Vokalharmonie“ vorherrschen müsste. Ziemlich kurious aus Sicht eines Deutschen, dass die Endungen „harmonisch“ zum Wortstamm sein müssen. Einem Ungarn leutet das perfekt ein. Ein Beispiel: Für das deutsche „in“ gibt je nach Wort und Sinn so einige Möglichkeiten im Ungarischen; angefangen von den Endungen -ban, -ben bis hin zu -on, -ön und -n gibt es alles, was dann beispielsweise zu den Ausdrücken Magyarországon (in Ungarn), Lipcseben (in Leipzig) oder Tatán (in Tata) führt.
…und wo sie ihren Höhepunkt erreichen
Doch das ist erst der Anfang. Das mit 29 Buchstaben längste ungarische Wort ist „megszentségteleníthetetlenség“, was man in etwa mit „Unentheiligbarkeit“ übersetzen könnte.¹ Wer Herausforderungen liebt, kann mal versuchen dieses Wort am Stück und schnell zu sagen. Viel Spaß dabei!
Trotz der schier unendlich vielen Endungen und anderen Besonderheiten gewöhnt man sich normalerweise, wenn man in einem fremden Land lebt – sogar in Ungarn – an die Fremdsprache. So ging es auch mir. Diese Sprachharmonie fing mir an wirklich zu gefallen. Da ich im Supermarkt, in Budapest oder in der Schule immer Ungarisch las und hörte, bildete sich ein Verständnis der wichtigsten Wörter heraus. Ich versuche mich täglich zu verbessern, da ich vorhabe eine A1/2-Prüfung in der ungarischen Sprache abzulegen.
Letztlich überwiegt doch mehr meine Liebe als mein Hass zu Ungarisch. Doch mal schauen, die nächste unüberwindbare Schwierigkeit lässt bestimmt nicht lange auf sich warten!
¹ Quelle: http://www.verbalissimo.com/main/offers/languages/general/d_long_words.htm
Auflösung des Rätsels:
dszessz = Jazz
szendvics = Sandwich
menedzser = Manager
(Die Aussprache ist dem Deutschen jeweils sehr ähnlich.)