BÁLINT BALASSI
1554-1594

Der Sohn einer vornehmen Aristokratenfamilie wurde zum größten ungarischen Lyriker der Spätrenaissance. Sein Erzieher war der berühmte evangelische Prediger und Dichter Péter Bornemisza, der ihn schon in frühesten Jahren an die Literatur heranführte. Der Elfjährige kam im Herbst 1565 nach Nürnberg auf die Schule, eignete sich eine große Bildung an, sprach acht Sprachen, unter anderen auch türkisch. So wie sehr früh in die Dichtkunst eingeweiht, wurde er auch mit dem Kriegshandwerk vertraut, indem er an der Seite seines Vaters in den Kämpfen gegen die Türken teilnahm.

Die politischen Verhältnisse waren in Ungarn in diesem Jahrhundert sehr verworren; ein großer Teil des Landes stand unter türkischer Besetzung, die Habsburger herrschten im Westen und Norden, während im Osten, der größtenteils aus Siebenbürgen bestand, die Siebenbürger Fürsten – von den Türken geduldet – das Zepter führten. Der Vater des Dichters galt als Habsburgtreuer Oligarch und bekleidete hohe Ämter, bis er nicht infolge einer Verleumdung in Diskredit geriet. Die Familie flüchtete nach Polen, bis die Affäre geregelt war.

Der Dichter Bálint kämpfte ursprünglich auch für die Habsburger, fiel dann in die Gefangenschaft des Siebenbürger Fürsten István Báthori, der bald darauf König von Polen wurde und seinen gefangenen Dichter mitnahm nach Polen. 1577 kehrte Balassi wieder heim, hauptsächlich wegen der Erbschaft nach dem inzwischen verstorbenen Vater. Daraus erwuchsen endlose Streitigkeiten. Als 1593 die Habsburger einen großen Befreiungsfeldzug gegen die Türken begannen, schloß sich Balassi mit einem auf eigene Kosten aufgestellten Bataillon wieder den Kaiserlichen an.

Im Verlauf dieses Feldzugs wurde er bei der Belagerung von Esztergom (Gran) schwer verwundet und starb am 30. Mai desselben Jahres 1594.

So unruhig wie die politischen Zustände, war auch die in jeder Hinsicht zügellose Lebensführung des Dichters. Er verwickelte sich in Familienstreitigkeiten, prozessierte und brachte es soweit, daß der reich Begüterte schließlich für seinen Lebensunterhalt kämpfen mußte; hinzu kamen auch seine andauernden Liebesaffären, die ihn, den imposanten Kavallier, ständig in Komplikationen verwickelten.

Anfänglich stand Balassi als Dichter unter dem Einfluß des Wiener Hofkapellmeisters Jakob Regnart; dieser – ein Flame – komponierte zu Liedtexten Musik in italienischem Stil, und das Musikalische hatte insoweit Einfluß auf Balassi, daß er seine Lieder und sonstigen Gedichte immer nach bestimmten Melodien schrieb. Seine Gedichte sollten gesungen werden, meistens mit Lautenbegleitung – darum gab er die zu dem Gedicht passende Weise immer an. Ein schönes Gedicht, das Balassi 1578 schrieb, Wenn sie mir nur nächtens die Ruhe ließe, ist eine Übersetzung bzw. Bearbeitung eines Regnartschen Gedichtes.

Zum Dichter machte Balassi die Liebe. 1578 wurde er mit Anna Losonczi bekannt, sie war die Gattin des hochgestellten Barons Christoph Ungnad, dem Banus von Kroatien, und Mitglied des kaiserlichen Kriegsrates, der viel auf Reisen war und seine Frau auf einer seiner Burgen in Oberungarn allein zurückließ. Balassi nannte Frau Ungnad Julia und die meisten Liebesgedichte, die er schrieb, sind an Julia gerichtet. (Allerdings hatte er damals bereits einen kürzeren Anna-Zyklus hinter sich.) 1579-1582 leistete er als Reiteroffizier Militärdienst auf Burg Eger. Hier schloß er die Ehe mit der verwitweten, begüterten Tochter des früheren Burghauptmanns, Christianna Dobó, einer Verwandten, von der er materielle Bereicherung erhoffte. Ein Husarenstück, der Überfall auf Burg Sárospatak, erbrachte statt des erhofften Nutzens neuerliche Prozesse. Die Ehe wurde nach langen Streitigkeiten für ungültig erklärt. Die Ereignisse, Fehden, erfolglose Prozesse verursachten innere Krisen, der ursprünglich evangelische Balassi trat 1586 zum Katholizismus über, und von dieser Zeit an entstanden seine großartigen religiösen Gedichte (Hymnus secundus, Gebet, Fleht zu Gott in der Verbannung, Schenke mir den Frieden).

Gefördert wurde er in seiner Dichtkunst von drei neulateinischen Dichtern, Marullus, Angerianus und Janus Secundus, von denen 1582 in Paris ein gemeinsamer Band erschien: Poetae tres elegantissimi; von diesen übersetzte oder bearbeitete er mehrere Gedichte, nun schon auf wesentlich höherem Niveau; bezeichnend für seine Art ist das schöne Gedicht Siehst du nicht im Lenze {Dasselbe Gedicht trägt im Band den Titel: Der Weintrinker lobt den Frühling.} in treuer Anlehnung an Marullus: Non vides verno varieta flore (tecta?). Ganz und gar Balassi ist nur die letzte Strophe, die das abstrakte Bild konkretisiert:

Was Poet Marullus auf Latein geschrieben,
Wollt ich ungrisch sagen.
Neben meinem braven Roß auf weichem Rasen
Hab ich’s übertragen.
Als ich mit den tapfern Knappen froh gelagert,
Frei von Not und Plagen.

Von den drei neulateinischen Dichtern wirkte am stärksten Janus Secundus auf Balassi, und nicht allein durch seine Gedichte (Basia = Küsse), sondern durch seine freie libidinöse Lebensführung. Kein ungarischer Dichter kann als Vorläufer von Balassi angeführt werden: einen echten Lyriker gab es vor ihm nicht im Lande. So mußte er eine neue persönliche Sprache für sich erfinden, auch Strophenformen, Reimtechnik, vor allem aber einen einfallsreichen faszinierenden Stil. Ein Vergleich mit Villon, den er wahrscheinlich nicht kannte, ist nicht von der Hand zu weisen, sowohl was den Charakter des Menschen und die Art des Dichters Balassi betrifft. Seine Gedichte können in drei Gruppen eingeteilt werden: Den weitesten Raum nehmen die Liebesgedichte ein, dann kommen die militanten Gedichte (s. Lob der Grenzhüter), und schließlich die religiösen.

1588 flammte Balassis Liebe zu der inzwischen verwitweten „Julia” wieder auf, und nun entstand der julia-Zyklus, bestehend aus etwa zwanzig Gedichten, und diese bilden den Höhepunkt von Balassis Dichtkunst. Die Liebesleidenschaft wird in kunstvollem Aufbau mit frappanten Worten ausgedrückt, packende Naturbilder, erlauschte persönliche Töne, Beobachtungen kommen hinzu, Nuancen, die nur den ganz Großen eigen sind.

Um 1589 sammelte Balassi seine Gedichte in einen eigenhändig geschriebenen Band, der erst im folgenden Jahrhundert gedruckt wurde (mit einigen Auslassungen zugunsten der religiösen und kämpferischen Gedichte), aber auch so ist zu ersehen, daß Balassi seine Gedichte als ein einheitliches Ganzes komponierte, so daß diese – wenn auch nicht in chronologischer Ordnung – einen biographischen Versroman ergeben. Die Biographie beinhaltet die Geschichte einer leidenschaftlichen und hoffnungslosen Liebe (zumal Julia nichts mehr von ihm wissen wollte). Zwei Gedichte in diesem Band: Über díe Wienerinnen Susanna und Anna-Maria sowie Über eine polnische Zitherspielerin lassen ahnen, daß der Dichter sich zwischendurch zu trösten wußte.

In den nachfolgenden Jahren entfernte sich Balassi von der bis dahin bevorzugten Liedform. Nun zog er die epigrammatisch komprimierten Gedichte und die meist religiöse Gedankenlyrik vor. Von den Gedichten aus den letzten jahren des Dichters ist wenig erhalten; glücklicherweise wurden fünf Epigramme aus den Jahren 1592/93. und zwar in der Handschrift des Dichters, gefunden. Aus einem dieser Epigramme erfahren wir den Namen der wahrscheinlich letzten Liebe des Dichters, nachdem Coelia uns bereits aus mehreren prächtigen Gedichten bekannt war:

Lang liebt ich julia,
heiß liebt ich Coelia
manch schönes jahr.
Jener mit Schmerzen,
dieser von Herzen
hörig ich war.
Jetzt ist alleine
Fulvia die meine –
sie ich bewahr.

Feststeht, daß der große Lyriker in den kaum sechzehn Jahren seiner produktiven Zeit sich immerfort zu erneuern vermochte, sein früheres Ich jedesmal überragend.
In seiner schaffensfreudigsten Zeit schrieb er auch ein Theaterstück mit dem Titel Schöne ungarische Komödie, eigentlich eine Bearbeitung des Hirtenspiels Amarilli von Cristoforo Castelletti, aber es wurde schon wiederholt festgestellt, daß das Werk des Ungarn bedeutend wertvoller ist als das leichte italienische Original.

Im Prolog zur Schönen ungarischen Komödie schreibt der Dichter in Prosa unter anderem: „Nun, ich wollte eben die ungarische Sprache damit bereichern, man sollte erfahren, daß auch im Ungarischen sein kann, was in anderen Sprachen ist…” Aber auch über diesen philologischen Zweck hinausgehend, bricht der Dichter eine Lanze für die Liebesdichtung, als eine Art der persönlichen Freiheit.

Das letzte Gedicht schrieb Balassi im Lager vor Esztergom, schwer verwundet unter fürchterlichen Qualen; es ist ein Gebet, und die letzten Worte des Dichters, die ein Jesuitenpater aufzeichnete, lauteten:

„Herr, ich war dein Soldat, und ich ging in deiner Schar.”
Das Gedicht ist übrigens eine Paraphrase eines Psalms, darin stehen die Zeilen:
Des Verbandes bar bring ich sie Dir dar,
Sieh die brandige Wunde mein,
heilen kannst sie Du allein…

Géza Engl

Lied von einem Blumenstrauß

Meine Blume hat mir ihren Strauß gegeben!
Liebesblumen wie sie selber eine eben.
Ja, sich selber wollt sie in den Strauß einweben,
der mir kundtut, wie sie’s meint: fürs ganze Leben!

Die duftende Viole steht für ihre Treue,
rote Rose sagt, daß Liebe sie erfreue,
weiße Rose zeigt die Reinheit ohne Reue
und zusammen: ihren hellen Geist aufs neue.

Doch zugleich, ich seh’ es, gibt sie mir ein Zeichen:
Wie sie ist in allem, soll auch ich ihr gleichen,
meine treue Liebe soll für ewig reichen,
denn wir wollen niemals voneinander weichen.

Deinen Strauß, Geliebte, halt ich hoch in Ehren,
solang ich ihn trage, werd ich mich bewähren,
keine andre je, nur dich allein begehren,
wie du’s wünschst, mich jeder Anfechtung erwehren.

Nur in einem mach es doch nicht gleich den Blüten,
die am Morgen prangen, abends schon ermüden.
Davor, Teure, wollen wir uns beide hüten,
lieben uns vielmehr, so wie wir einst erglühten.

Denk daran, den heiligen Bund jemals zu brechen
wär ein unverzeihlich ewiges Verbrechen.
Solltest du, sollt ich mich solchen Tuns erfrechen,
würd der Himmel bald sich strafend an uns rächen.

Als im Jahre fünfzehnhundertachtundsiebzig
im geheimen Nest das Liebespaar aufhielt sich,
gab sie ihre Blume in die Hand mir willig,
Dich um solche Gabe, Gott, lobpreisen will ich.

GÉZA ENGL

Über die Jungfrau Margareta

Ritterklingen ritzen,
Schlangen Gift verspritzen,
mit den Hörnern kämpft der Stier.
Falkenkrallen reißen,
Löwenzähne beißen
Beute mit der gleichen Gier.
Töten mit den Blicken –
Nur der Maid mags glücken,
wie dem Basiliskus schier.

So ist’s mir ergangen,
auch mich nahm gefangen
eine Jungfrau jung und schön.
Schwarze Augen trafen
mich wie spitze Waffen,
und da war’s um mich geschehn.
Von den Feuerblicken
fühlt ich ein Entzücken,
mich entrückt in Himmelshöhn.

Daß mich Glut versehrte,
doch nicht ganz verzehrte,
ist so großes Wunder nicht.
Bei Fulgosius steht es,
und ihr selber seht es:
Ein Hirschkäfer, armer Wicht,
geht durchs Feuer und er
bleibt doch heil, welch Wunder!
Hier darüber sein Bericht:

Käfer gibt es viele,
denen es gefiele,
fliegen durch die Glut, den Brand.
Auch die Mücken flattern,
hörn sie Brennholz knattern,
bis über den Flammenrand.
Mir auch bist du teuer,
heilsam sengend Feuer –
als des Lebens Unterpfand.

Hätt ich nicht die Liebe,
ich nicht übrig bliebe,
würd ertränkt im Tränenfluß.
Nur die Liebesflammen
halten mich zusammen,
daß ich nicht zerfließen muß.
Doch ich dank’s den Tränen,
daß vom heißen Sehnen
ich nicht ward zu Asch und Ruß.

Hell in Flammen blühen
und doch nicht verglühen –
das ist mir die höchste Lust.
Solche ich empfinde,
wenn zu ihr ich finde,
an der Liebsten holden Brust.
Bitteres mit Süßem,
beides zu genießen
kann nur, wer’s zu mischen wußt.

Sieh die schlanke Gerte
schießen aus der Erde:
Merk sie dir, es ist ihr Wuchs.
Und der Mund, das Kleinod,
und der Wangen Feinrot,
wenn daher sie flattert flugs.
Mein wird sie mitnichten,
muß auf sie verzichten,
armer nimmersatter Fuchs?

Schätze, Reichtuin, Güter –
andre seien die Hüter!
Ihres sei das große Glück,
auf dem Gold zu sitzen,
immer mehr besitzen,
wem nie groß genug das Stück…
Ich will mich begnügen,
mich dem Schicksal fügen,
wenn ich nur ein Röschen pflück.

Nackte weiße Füße
läßt mich sehn die Süße
in dem feuchten grünen Gras.
Barfuß gehn, sich bücken
bei dem Blumenpflücken,
all das tut sie mir zum Spaß.
Duckt sich hinter Zweigen,
um sich halb zu zeigen –
ach, welch zündend Spiel ist das.

Sie beginnt zu singen,
läßt die Verse klingen,
lauter wird der leise Sang,
während ihre Locken,
aller feinste Flocken,
rieseln Hals und Brust entlang.
Nun schon ernster Laune
bindet hinterm Zaune
Kränze sie auf ihrer Bank.

Sie ist von der Sorte,
für die nicht nur Worte
fließen werden, auch viel Blut!
Lanzen werden brechen,
Degen, Schwerter stechen
für dies selten teure Gut:
Gestern Freund noch richtig,
heute eifersüchtig,
morgen Gegner voller Wut.

Diese Verse macht ich
im Jahr neunundachtzig
nach anderthalbtausend Jahr,
als ich in den Bergen
mußte mich verbergen
und Sankt Laurenz brach an klar,
denkend an die Dame,
deren teurer Name
auf Lateinisch Perle war.

GÉZA ENGL

Als er seiner Julia begegnet, begrüßt er sie also

Ich brauche sie nicht, diese Welt,
wenn julien sie nicht enthält,
die jetzt sich so zu mir gesellt,
in Liebe, die mir so gefällt,

du machst aus Trauer Fröhlichkeit,
Begierde macht die Seele weit
nach dir. Du bist Glückseligkeit,
in dir ist Gott zu jeder Zeit.

Mein teures, wunderschönes Haus!
Du strömst den Duft von Rosen aus,
mein Nelken- und Levkojenstrauß,
o Julia! Mein Augenschmaus!

Du meine Sonne, Licht und Glanz!
Dein schwarzer Augenbrauenkranz,
mein größter Schatz, du mein Byzanz!
Des Lebens Hoffnung bist du ganz.

Nach deiner Liebe brennt mein Herz,
die Seele krank von Sehnsuchtsschmerz,
die Liebe trägt mich himmelwärts,
du Göttin, in der Schönheit Erz.

Als ich schön Julia hab erblickt,
ich diesen Gruß an sie geschickt.
Da stand ich, Kopf und Knie geknickt –
sie lächelt’ nur, hat kaum genickt.

HEINZ KAHLAU

Gedicht, in dem er sich freut,
daß er von der Liebe
befreit worden ist

Frei ist nun mein armer Schädel, ganz von Liebe frei,
frei von allen Liebesleiden, frei von Tyrannei.
Friedlich leb ich weiter,
und mein Geist ist heiter –
alle Seelenqualen sind vorbei.

Einem Sklaven, der befreit ist, gleiche ich nunmehr.
Mußte ohne Freiheit schuften – niedriger als er.
Lebte wie im Kerker
oder noch viel ärger,
und mein Herz war wie ein Stein so schwer.

Allen Fröhlichkeiten gebe ich mich sorglos hin.
Niemals ist mein Blick mehr finster, seit ich ledig bin,
ledig aller Pflichten,
frei von Frongewichten
jeder Liebe ist mein heitrer Sinn.

Wie ein Falke schwinge ich mich, rein und froh gestimmt,
dem man seine Fessel von den gelben Füßen nimmt.
Froh auf freien Schwingen
kann die Seele singen,
weil sie keiner Liebe Fessel krümmt.

Gebt mir einen schnellen Windhund und ein gutes Pferd,
tapfre Freunde, einen Falken und ein scharfes Schwert.
Sitzen wir am Feuer,
ist mir nichts so teuer
wie der volle Becher, oft geleert.

Stolze Fräulein, schöne Jungfraun, lächelt noch so sehr,
eure süßen Schmeichelblicke treffen mich nicht mehr.
Weder eure Liebe
noch die bösen Triebe
locken mich zu euren Fallen her.

Jung und alt zur guten Lehre geb ich meinen Rat,
weil die große Liebe mir so vieles Böse tat:
Lust hat mich getrieben,
Gram ist mir geblieben –
Liebe, die mich gnadenlos zertrat.

Wer die Ruhe für sein Leben sich zu wünschen weiß,
hüte sich vor jeder Liebe, bitter ist ihr Preis.
Wer von Lieb gefangen,
ist in Qual gegangen –
sie trifft jeden Jüngling, jeden Greis.

Diese Verse hab ich froh und freien Sinns gemacht.
Zieh mit edlen Junkern aus zu frischvergnügter Nacht.
Männer, die mir gleichen,
aufgelegt zu Streichen –
Hüstelgreise werden ausgelacht.

HEINZ KAHLAU

Über die Ewigkeit
und Unvergänglichkeit seiner Liebe

Zeit zerbricht Paläste,
Häuser, Burgen, Feste,
Städte rafft die Zeit dahin.
Reichtum, große Werke,
Mut und stolze Stärke
Sind ohn Dauer und Gewinn.
Auch des Frühlings Rosen,
Lilien und Mimosen
Müssen mit der Zeit verblühn.

Königliche Würde,
Großer Güter Bürde,
Alles wird der Zeiten Raub.
Asche wird zum Berge,
Berge werden Zwerge,
Denn die Zeit ist stumm und taub.
Ruhm und Ruf und Reinheit,
Liebreiz, Engelsfeinheit
Werden mit der Zeit zu Staub.

Erde, sie wird älter,
Ihre Glut auch kälter,
Mit der Zeit verebbt das Meer.
Nach den Sonnentagen
Wird uns Kälte schlagen,
Eins kommt aus dem andern her.
Und des Regens Weinen
Tilgt die Schrift aus Steinen –
Was da war, das ist nicht mehr.

Weich wird Hart besiegen,
Neid und Haß verfliegen,
Unglück wird zu Glück gewendt.
Wir sind Gott in allem
Mit der Zeit verfallen,
Alles findet einst sein End.
Aber meine Liebe
Noch in Höllen bliebe,
Weil sie selbst mit Flammen brennt.

Gegen Liebe streiten
Nur Unendlichkeiten,
Seit ich meine Julia sah.
Und nur ihre Hände
Löschen meine Brände,
Keine Heilung fand ich da.
Hoffend, mich zu heilen,
Schrieb ich diese Zeilen,
Nur für meine Julia.

HEINZ KAHLAU

Julia ist die Liebe

Alles, was mir teuer,
unlöschbares Feuer,
ewige Liebe: Julia.
Helle Fröhlichkeiten,
oft genug auch Leiden,
Schmerz und Wonne: Julia.
Sie ist mir das Leben,
ihr bin ich ergeben,
einzig ihr nur: Julia.

Wort aus ihrem Munde,
gibt von Liebe Kunde,
Liebe spricht aus Julia.
Wenn mich ihre blauen
Augen sanft anschauen,
schaut die Liebe: Julia.
Schläft sie in den Kissen,
muß es jeder wissen,
Liebe schläft dort: Julia.

Wenn ich in der Seele
mich so bitter quäle,
hilft mir nichts, ist Julia fern.
Licht, das Wärme sendet,
Laub, das Schatten spendet,
ist sie, meines Lebens Stern.
Nichts will ich besitzen,
nur sie kann mir nützen,
geb für sie hin alles gern.

Steht sie oder wandelt,
Briefe schreibt, denkt, handelt,
immer tut’s der Liebe Macht.
Ob sie weint und wettert,
ob sie lacht und schmettert,
ist die Liebe, die es macht,
da der Sohn der Venus
ihr zur Seite gehn muß,
er gibt immer auf sie acht.

Rose aus dem Eden,
sie bezaubert jeden,
mit liebreichem Angesicht.
Seh ich sie im Kleide
aus hautfarbner Seide –
schöner ist auch Venus nicht.
Haargeflecht neuartig,
sah noch nie so zart ich:
Perln in mattem Sonnenlicht.

Wie ein Boot im Schusse
hinfegt auf dem Flusse,
gibt sie sich der Tanzlust preis.
Grad wie eine Lanze,
hält sie sich beim Tanze,
gleitet glatt hin wie auf Eis.
Wenn sie in der Mitte
zierlich setzt die Schritte,
staunt entzückt ringsum der Kreis.

Dreht sie sich und wendet,
dann den Tanz beendet,
wo ich steh, mich streift ihr Kleid,
fühl ich, hingerissen
hungerig nach Küssen,
mich zu jeder Tat bereit.
Doch sie ist zu schicklich,
läßt mich stehn unglücklich,
und ich fühl, wir sind entzweit.

Bin nun in der Lage
wie der Mann der Sage,
dem, wie ich’s in Büchern las,
in der Hölle Raben
ein Stück Herz ausschaben
jeden Tag erneut zum Fraß,
und die Raben wissen,
was sie ausgebissen,
wächst nach ohne Unterlaß.

So geht’s meinem Herzen:
Ist sie lieb, will scherzen,
wächst es immer nach im Glück.
Doch sie ist auch Rabe,
ihr stokes Gehabe
reißt mein Herz aus Stück um Stück,
sie verdammt mich Armen
und läßt ohn Erbarmen
in der Hölle mich zurück.

Julia und die Liebe
sind zwei gleiche Triebe,
doch mit einem Unterschied:
Strahlend ist die Liebe,
Julia aber trübe,
und das macht mich krank und müd.
Sie kehrt Liebesfreuden
um in Liebesleiden,
tötet mich, eh ich verschied.

GÉZA ENGL

An die Kraniche

Kraniche in Schwärmen
ziehn mit lautem Lärmen
jeden Morgen hier vorbei.
Wenn ich euch erblicke,
bricht mein Herz in Stücke,
und die Tränen fließen frei.
Fühl ich doch im Innern
schmerzliches Erinnern,
und die Wunden brennen neu.

Über einer Lichtung
kann ich sehn die Richtung,
die ihr nehmt zur Heimat hin,
wo die Schöne, Hehre
wohnt, die ich verehre,
meines Herzens Königin.
Ob sie ihren alten
Diener noch behalten
hat in ihrem stolzen Sinn?

Ohn einen Gefährten
zieh auf fremden Fährten
ich, verirrter Pilgersmann.
Schwarz will ich mich kleiden,
Schmerz muß ich erleiden,
mehr als einer sagen kann.
Wenn ich Schwingen hätte,
flög ich um die Wette
rasch mit euch zu ihr hinan.

Könnt ich mit euch, Vögeln,
durch die Lüfte segeln,
niedergehn an jedem Ort.
Für den Durst sind Quellen
da an vielen Stellen,
trinken und dann weiter fort…
Flügel hab ich keine,
ihr laßt mich alleine,
ihr nur seht sie wieder dort.

Kraniche, verweilet,
wenn ihr noch so eilet,
einen Dienst mir dennoch tut.
Wenn nur einer bliebe,
daß ich schnell ihm schriebe
meinen Namen hin mit Blut
auf die Brust als Zeichen,
es muß sie erweichen,
wenn sie weiß, ich bin ihr gut.

Möge Gott ihr geben
frohes, langes Leben,
niemals kenne sie die Not.
Wie ein Blumengarten
prangt mit allen Arten,
solche Sommer schenk ihr Gott.
Unter ihren Füßen,
sollen Rosen sprießen –
mag sie glauben, ich sei tot…

Wenn auf weiten Fahrten,
die des Kriegsmanns harrten,
Kraniche im Flug ich sah,
in gar schönen Zügen
nach der Heimat fliegen
hin zu meiner Julia.
Riß mich mit das Sehnen,
und mit hellen Tönen
sandt ich meinen Eid hin: ja!

GÉZA ENGL

Zur Einsicht gelangt, Julia…

Zur Einsicht gelangt, Julia weder durch Bitten,
noch durch Sitten zur Liebe zu sich entflammen
zu können, bestürmte der Ärmste den Himmel,
die Erde und die Meere mit seinen Klagen;
nun gelobt der Tiefgekränkte, Julia zu Ehren
in der Zukunft kein Lied mehr zu singen.

Hohes Himmelszelt,
herrlich weite Welt,
ein Palast der hellen Sterne.
Frisches Grün, das lacht,
bunter ßlumen Pracht,
Landschaft voller Duft und Wärme.
Weit und wunderbar,
nie der Schiffe bar
ist des Meeresspiegels Ferne.

Wer gebietet mir,
wie ein wildes Tier
elend mich zu plagen, schinden,
daß in Sumpf und Wald
mich versteckt ich halt,
ausgeliefert Stürmen, Winden.
Ein gejagter Leu,
der geängstigt, scheu
sich durch Dorn und Busch muß winden.

Gegen Wolf und Bär
setzen mich zur Wehr –
soll das sein mein ganzes Streben?
Wo ich immer bin,
kein Mensch kommt je hin,
solchen Lohn zollt mir das Leben?
Mich trifft, wo ich weil,
stets der Liebe Pfeil,
läßt den Schmerz mich neu erleben.

Vogelstellen, Jagd,
was mir sonst behagt,
kann die Zeit mir nicht ausfüllen,
wenn mir Liebesleid
frißt im Eingeweid,
kann nichts meine Sehnsucht stillen.
Denn der Brand hier drin,
wahrlich kein Gewinn,
schürt die Glut statt sie zu kühlen.

Wo ich immer bleib,
was ich immer treib,
hab ich doch nur sie im Sinne.
Wie ein fernes Licht
seh ich ihr Gesicht,
das neu anfacht meine Minne.
Wo ich geh und steh,
fühl ich Julias Näh;
wähn zu hösen ihre Stimme.

Tief in meine Brust
hat er’s wohl gewußt,
ihre Züge einzuprägen:
Lettern aus Demant
schnitt Cupidos Hand,
doch er tat es nicht zum Segen.
Doppelt tuts jetzt weh,
da ich sie nicht seh,
wandernd hier auf wilden Wegen.

Manche Frau im Land
bot mir ihre Hand,
doch ich bin stets ausgewichen.
Keine mir genügt,
Gott hats so gefügt:
daß, mit Julia verglichen,
jeder Stern verbleicht,
jede Frau wiegt leicht,
wird von Julia ausgestrichen.

Oh, mit böser Sucht
hast du mich verflucht,
falsche Himmelsmacht du,
Liebe, daß ich keiner Frau,
die sich bietet, trau,
wenn sie noch so treu mir bliebe.
Warum nur allein
kanns die eine sein,
die mißachtet meine Triebe.

Doch deinem Gebot,
wär es auch mein Tod,
muß auch ich mich fügen eben.
Warfst mich hin zum Knecht,
Fußbank ohne Recht,
ihr, der Herrin, hin fürs Leben.
Und ich trag die Qual
gern wie einen Strahl,
der mir Hoffnung könnte geben.

Wie die Mücken dumm
um das Licht herum
sicher ins Verderben rennen,
knapp bis an den Rand
scheun sie nicht den Brand,
obgleich die Gefahr sie kennen.
Julia, heißes Erz,
zieht so an mein Herz,
das sich wissend läßt verbrennen.

Stimme, Augen, Haar,
alles birgt Gefahr,
oh, ich weiß, was sie bedeuten.
Dennoch keine Pracht,
keine Zaubermacht
könnte jemals mich verleiten:
Ihr verfallen bleib
meine Seel, mein Leib –
wollt sie mich nur bei sich leiden!

Doch ich schweige nun,
laß die Klagen ruhn,
nein, kein Zwang mehr, keine Lüge.
Nur den einen Lohn
lasse sie mir schon:
daß in Verse ich einfüge,
was tief eingeritzt
mir im Herzen sitzt:
Julias wunderschöne Züge.

Draußen ist es kalt,
doch Liebesgewalt
kann noch Brand in mir entfachen.
Während hier im Land
ich nach Rössern fahnd
mit viel Müh bei den Walachen,
schrieb ich dies Gedicht.
Nochmals tu ich’s nicht:
Will kein Julia-Lied mehr machen.

Dieses ist das letzte der Julia-Lieder.

GÉZA ENGL

Über die Wienerinnen Susanna
und Anna-Maria

Susanna ist ein schönes deutsches Mädchen.
Sie wohnt in Wien, im Tiefengrabenstädtchen.
Wie rote Rosen leuchten ihre Wangen,
und ihre Lippen wie Rubine prangen.
Um Liebe bat
sie manch Soldat –
jedoch Susanna liebten sie vergebens.

Susanna hat die lieblichste Verwandte,
die Ann-Maria, die man lustig nannte.
Sie geht so stolz auf ihren schönen Beinen,
und viele Kavaliere nach ihr weinen.
Ihr Haar ist gold,
sie lächelt hold,
wie reiner Honig fließen ihre Worte.

Mit meinem Freunde bin ich hingegangen,
wir sahen sie und waren gleich gefangen,
als ich sie sah, geriet mein Herz in Hitze,
getroffen stand mein Freund von ihrem Blitze.
Auch ihre Brust
erfüllte Lust,
und deshalb schlossen wir sofort Bekanntschaft.

Zuerst hat man sich nur die Hand gegeben,
dann gingen wir ins Haus – bei meinem Leben! –
Wie Bienen an den süßen Nelken nippen,
so saugten wir den Honig ihrer Lippen.
All unser Leid
war leicht und weit,
weil wir an ihrer Brust die Welt vergaßen.

Ist es noch nötig, mehr davon zu sagen?
Durch alle Himmel wurden wir getragen.
Gelächter, Tanz, Umarmungen und Küsse,
verliebte Spiele, Spaß und Hochgenüsse.
Wenn solche Pracht
auch Sehnsucht macht –
muß mein Gedicht hier doch sein Ende haben.

In der Oktave karger Fastenzeiten,
ich mußte aus dem schönen Preßburg reiten,
schrieb ich, erinnernd, diese Verse nieder,
für einen Tanz, als Text für Liebeslieder.
Sehnsucht im Sinn,
schrieb ich es hin,
im Jahre fünfzehnhundertneunundachtzig.

HEINZ KAHLAU

Für Weintrinker

Herrliche und segenreiche Pfingstenzeiten,
wenn die Himmel sich gesund und strahlend breiten,
wenn die Winde leicht den frohen Wanderer begleiten!

Rosen öffnest du in diesen hellen Tagen,
machst die Kehlen stummer Nachtigallen schlagen,
machst, daß Baum und Busch die allerschönsten Kleider tragen.
Wenn Jasmin und Flieder ihre Blüten zeigen,
wenn die Quellen reiner aus den Bergen steigen,
bäumen sich die raschen Pferde auf im Frühlingsreigen.

Aus dem Winterschlaf erlöst du ihre Glieder,
saftig grüne Gräser gibst du ihnen wieder,
in den Adern jagst du neue Säfte auf und nieder.

Und sogar die sonst so braven Grenzsoldaten,
weit und breit bekannt für ihre kühnen Taten,
sich in Wiesenduft und Sonnenschein jetzt wohlig baden.

Einer will im tiefen Gras den Rappen pflegen,
einer lädt zum Freudenmahl, den Frühlingssegen,
einer bringt zum Waffenschmied den blutverbrannten Degen.

Überall will sich durch dich die Welt erneuern,
auch das Himmelslicht erwacht zu neuen Feuern,
alle Wesen regen sich, um deine Macht zu feiern.

Eine solche Zeit in Gottes Huld zu leben
und dem Herrn von Herzen alle Ehr zu geben –
Freunde, laßt uns liebesfroh den Krug zum Mahl erheben!

HEINZ KAHLAU

Lob der Grenzhüter

Recken hoch zu Pferde,
gibt es auf der Erde
größres Glück als Burg und Feld?
Schallt zu Frühlingszeiten
sang durch alle Weiten,
nirgends ist so schön die Welt.
Wiesen spenden Düfte,
milden Tau die Lüfte –
oh, wie gut das euch geffällt!

Wenn sich Feinde melden,
schwillt die Brust den Helden,
allzeit sind sie kampfbereit.
Hält der Türk sich stille,
ist es oft ihr Wille,
anzuzetteln einen Streit,
um, bedeckt mit Wunden,
Arm und Bein verbunden,
heimzubringen Fang und Beut’.

Fahnen auf den Schanzen,
Wimpel an den Lanzen
wehn im Morgenwinde kühn.
Die da harren beim Trosse,
sehn die vielen Rosse
sprengen übers weite Grün,
Helme blinken mächtig,
Pantherfelle prächtig,
wie der Sturmwind ziehn sie hin.

Rosse, edle Mohren,
spitzen gleich die Ohren,
wenn Drommetenruf erschallt.
Wer heut nicht muß wachen,
kann sich’s leichter machen,
aus dem Sattel steigen bald.
Kann sich schlafen legen,
guter Ruhe pflegen,
müde von der Schlacht Gewalt.

Um des Ruhmes wegen,
Ehre einzulegen,
ist für sie der höchste Lohn.
Tapferkeit im Kriege,
Edelmut im Siege –
Maß gebt ihr der Welt davon.
Sprengen von den Hügeln,
wie auf Adlersflügeln,
stoßen zu und wenden schon.

Feinde zu erblicken,
ist für sie Entzücken,
Lanzen brechen in der Schlacht.
Ist der Feind zu mächtig,
ziehn sie sich bedächtig
aus den Kampfgetümmel sacht.
Folgt der Türk am Fuße,
zahlt die blutige Buße,
er, der zugriff unbedacht.

Auen, weite Felder,
Wiesen, dichte Wälder,
lieben sie zum Jagen sehr.
Hinter Büschen, Mauern
Feinden aufzulauern
ist für Junker gute Lehr.
Hitze, leerer Magen,
läßt sie nicht verzagen,
sie ertragen das und mehr.

Wenn sie gute Klingen,
scharfe Säbel schwingen,
spürt’s am Kopf die Türkenbrut.
Doch vergießt, erstochen,
erschlagen und zerbrochen,
mancher auf dem Feld sein Blut.
Bleibt dort unbegraben
er, ein Fraß der Raben,
der auszog mit frohem Mut.

Recken, ob, ihr Jungen,
Lob sei euch gesungen,
eurer edlen, wackern Schar.
Euch, stets auf dem Posten,
rühmen Westen, Osten,
weltbekannt seid ihr fürwahr.
Wie die Saat der Regen
laß des Himmels Segen
euch gedeihen immerdar.

GÉZA ENGL

Hymnus secundus

AN GOTTES SOHN,
UM MILITÄRISCHE TUGEND FLEHEND

Zweiter von den Dreien,
Dir will ich mich weihen,
Christus der Dreieinigkeit.
Aller Helden Ehre,
Führer großer Heere,
unbesiegt in Ewigkeit.
Dich will ich anrufen,
wolle mich einstufen
als Dein Held, ich bin bereit.

Du ließt David werden,
Hüter einst von Herden,
König über Volk und Land.
Hast ihm Gunst bewiesen,
als er mit dem Riesen
Goliath den Kampf bestand.
Liefertest den Schroffen
wider alles Hoffen
wunderbar in seine Hand.

Gabst dem Makkabäer,
dem Simson noch eher,
Jephta, Judith, Gedeon
Geist und Mut erlauchten,
den zum Sieg sie brauchten,
ihnen ward zuteil der Lohn,
als sie Dir vertrauend,
auf Dein Zeichen schauend,
traten ein für Deinen Thron.

So bist Du denn Leiter
auch der heutigen Streiter,
die ausziehn auf Dein Gebot.
Wer trotz Deiner rüstet,
sich damit gar brüstet,
der fällt bald anheim der Not.
Wer sich stürzt in Schlachten
ohne Dein zu achten,
Schmach dem vor dem Feinde droht.

Weil Dein Name heilig,
will auch ich nun eilig
mich umgürten mit dem Schwert.
In Deinem Gefolge
hoff ich auf Erfolge,
Heldenmut, der mich wohl ehrt.
Denn nicht Lohn, nicht Beute
sind mir Ziel und Freude,
andres ist, Du weißt, mir wert.

Nur um Deine Ehre
bitt ich Dich, gewähre,
was Du mir verweigert hast.
Wohl nicht ohne Gründe,
denn von Schuld und Sünde
trag ich eine schwere Last.
Dennoch laß Dich bitten,
da für meine Sitten
Du mich schlugst zu hart schon fast.

Führ Du meine Waffen,
laß sie nie erschlaffen,
Lanze, Säbel, mein Schlachtroß.
Gib den Händen Stärke,
Geist und Mut zum Werke,
kühnem Herzen einen Stoß.
Lenk mich frohen Mutes,
daß ich tu ein Gutes
gegen Deiner Schmäher Troß.

Dir, in Deine Hände
leg ich Sein und Ende,
wo ich immer geh und steh.
Nur Du kannst bescheren
Wohlsein, Mut und Ehren,
Dein Geschenk seit eh und je.
Mach, daß jeder Schaden
mir durch Heldentaten
von dem Angesicht vergeh.

Froh will ich Dir danken,
ohne je zu wanken,
von der weiten Welt gehört.
Mich zu Dir bekennen,
Dich den Feldherrn nennen,
dem mein Arm, mein Herz gehört.
Blutbespritzten Degen
führ nur der mit Segen,
der auf Deine Fahne schwört.

GÉZA ENGL

Abschied von der Heimat

O geliebte Heimat, teures Ungarland!
Schild der Christenheit in starker, sichrer Hand!
Wehrst mit blutigem Schwert den anstürmenden Heiden -,
leb wohl, Heldenschule, ich muß von dir scheiden.

Stolze Burg, mein Eger, hell leuchtender Stern!
Deine Helden sind gepriesen nah und fern,
ihre Taten, würdig unsrer Ahnen, strahlen –
seid gegrüßt mir, Freunde, noch zu vielen Malen.

Auch ihr, edlen Rosse, schneller als der Wind,
und die Reiter, die noch viel berühmter sind,
die euch meist zum Jagen, nicht zur Flucht verwenden,
euer Wohlergehen lasse Gott nie enden.

Schöne, blanke Waffen, glänzendes Geschirr,
Kriegerfindigkeiten, neuer Formen Zier,
kecke, schmucke Jugend, froh, gesund, zufrieden -,
Gott gewähr, was ich euch wünsche, Glück und Frieden.

Viele brave Burschen, die ich ausgewählt, habe
euch erzogen, hartgeprüft, gestählt.
Aus der Ferne kann ich euch nicht weiter lenken -,
so behaltet mich in freundlichem Gedenken.

Stätten vieler Proben, weites, ebnes Feld,
zauberhafter Berg, von Wald und Fels umstellt,
Walplatz, wo sich manche stolze Siege holen,
oder auch den Tod -, nun lebt wohl, Gott befohlen.

Anverwandte, Freunde, die ihr mich nun mißt,
die ihr auch von meinen schweren Sorgen wißt,
euer ich gedenke, und die Tränen fließen -,
euer ist mein Herzschlag mit den letzten Grüßen.

Engelhafte Jungfraun, wie seid ihr mir teuer,
auch ihr edlen Damen, deren Blick wie Feuer,
habt mich wohlgelitten, dann wieder gemieden -,
Glück und gute Liebe seien euch beschieden.

Du auch, Vielgeliebte, mir der höchste Wert,
grausam Undankbare, die ich heiß begehrt,
hast mich nicht [gewürdigt, auch vielleicht verachtet -,
denk an den zuweilen, der stets nach dir schmachtet].*

Und ihr, meine Verse, seid verdammt, verflucht,
brachtet Kummer dem, der Glück bei euch gesucht.
Ein unnütz Gerümpel, alle ihr zusammen,
fort mit euch ins Feuer, seid ein Fraß der Flammen.

GÉZA ENGL

* Die kursiv gesetzten Worte fehlen im Original

Als er Coelia liebgewann,
flehte er also zu ihr

Meines Lebens Freude,
schönste Augenweide,
meines Herzens Licht und Lust!
Oh, welch ein Entzücken,
dich nur anzublicken,
oh, wie schwillt mir gleich die Brust.
Weggewischt die Plage
alter Liebesklage,
von der du mich heilen mußt.

Sag mir, Schatz, sags offen,
darf ich, darf ich hoffen?
Brich nicht über mich den Stab,
du kannst mir das Leben
und den Tod mir geben,
von dir hängt mein Schicksal ab.
Magst du mich nicht leiden,
müßte ich dich meiden,
fänd’ ich bald mein frühes Grab.

Wenn im Morgenglanze
auflebt jede Pflanze,
froh erklingt der Vögel Sang.
Alle Blumen prangen,
da die Nacht vergangen,
Rehe ziehn den Wald entlang,
Vögel, Falter, Fische
labt die Morgenfrische –
ich nur soll verzagen bang?

GÉZA ENGL

Coelia im Bade

Wer macht denn beim Baden
solchen Rauch und Schwaden?
Bademeister sagt den Grund:
Coelia saß gerade
nackt im warmen Bade.
Und es währte keine Stund,
bis ihr Leib, der nackte,
solchen Brand entfachte,
davon raucht es in der Rund…

Wie der Pfau zum Rade
stellt die Federn grade,
wenn er prahlt mit seinem Schweif,
wie der Regenbogen,
übers Tal gezogen,
ausspannt seinen bunten Reif,
so erscheint beim Tanze
Coelia stolz im Glanze
wie ein prächtiger Farbenstreif.

Süßer ist die Wonne,
wenn das Licht der Sonne
sich durch Wolken bietet dar.
Wärmer ist sein Feuer,
wenn durch einen Schleier
schimmert Coelias goldnes Haar.
Unverhüllt alleine
leuchten Edelsteine
auf der Brust ihr wunderbar.

Vor der Sonne bangen,
wenn sie aufgegangen,
Mond und Sterne um ihr Licht.
So die Mädchen, Frauen,
sonst hübsch anzuschauen,
werden blasser im Gesicht:
Coelia erreichen,
sich mit ihr vergleichen
wagt die Allerschönste nicht.

GÉZA ENGL

Gedicht, in dem er über
die klagende Coelia schreibt

Raubt man ihr die Jungen,
klagt mit tausend Zungen
Nachtigall in höchster Not,
flattert immer wieder
jammernd auf und nieder,
abzuwehren, was ihr droht.
Von so süßem Schauer
war auch Coelias Trauer
bei des jungen Bruders Tod.

Wie der Tau der Frühe,
daß sie voll erblühe,
die geschloßne Rose küßt,
daß sie sich erlabe
an des Himmels Gabe,
bis ihr Kelch entfaltet ist,
so erfüllt von Sehnen
sind auch Coelias Tränen,
wenn das Aug ihr überfließt.

Wie der Lilienstengel,
sterbend wie ein Engel,
still sein Haupt zur Erde neigt,
wenn ihn Hände knicken,
so ist Coelias Rücken
tief von ihrem Schmerz gebeugt.
Ihrer Tränen Regen
perlt in reichem Segen,
klar, wie Frühlingstau sich zeigt.

ANNEMARIE BOSTROEM

Der Weintrinker lobt den Frühling

Siehst du nicht die Erde allenthalben prangen
in den schönsten Blütenposen?
Alle Felder ringsum duften nach Levkojen,
stehn im Wohlgeruch der Rosen!
Wunderbarer Singsang sehr verschiedner Vögel
will Gebirg und Täler kosen!

Herzensliebe Jungfraun, frischumkränzt von Rosen,
tanzen mit erfreuten Knaben.
Kinder singen fröhlich, hell, mit klaren Stimmen!
Alle sich am Wohlsein laben!
Wasser, Himmel, Erde, sehen aus als würden
sie sich just erneuert haben!

Selbst Cupido hat sich seine blonden Locken
heiter aus der Stirn geschoben.
Dieser zage Engel schwebt auf zarten Schwingen,
gutgelaunt, am Himmel oben.
Bei verliebten Tänzen hat er jedem seine
Schönste an die Brust gehoben!

Also laß den Kummer, tapferer Gefährte!
Sollst der Sorgen dich entleeren!
Viel zu lange schleppten wir mit uns den Kummer,
wollen wir ihn jetzt entbehren!
Komm! Wir trinken, tanzen – lassen es uns gut gehn!
Wolln dem Harm den Rücken kehren!

Warum nur mit Sorgen und mit Leid beschweren
unser junges Erdenleben?
Wissen wir ja doch nicht, wann der Herr uns abruft,
wo, zu welcher Stunde eben!
Wozu daran denken? Ist der Himmel gütig,
kann er uns zum Licht erheben.

Nagend schwerer Kummer, freudelose Liebe,
seien für uns ferne Steine.
Reichen wir einander einen goldnen Becher,
wohlgefüllt mit gutem Weine.
Weckte uns der Herrgott doch zu Fröhlichkeiten –
mit des Morgens hellem Scheine!

Dies schrieb in Lateinisch der Poet Marullus –
ich in meinen Ungarworten.
Hab es übertragen – neben bravem Rosse –
liegend an umgrünten Orten,
als es uns sehr wohl ward – mir und meinen Knappen –
sorglos vor des Himmels Pforten.

HEINZ KAHLAU

Gebet

Was soll aus mir werden,
mein Gott, hier auf Erden,
wo der Nöte Herden
mich rastlos gefährden?
Stehe mir zur Seite, auf dem Weg mich leite,
daß ich keine Schmach erleide.

Ist jedoch Dein Wille,
daß ich duld’ in Stille,
laß mich durch Dein Walten
doch nicht verunstalten,
lieber laß mich sterben, nicht wie schlechte Scherben
schmählich auf dem Mist verderben.

Schenk mir Mut und Ehre,
daß ich mich bewähre,
jeden Streit bestehe,
nie um Gnade flehe.
Rüst mich aus mit Waffen, welche nie erschlaffen:
Herz und Hand, die Du geschaffen.

Laß mich nicht beschämen
von der Feinde Schemen,
denn ich bin Dein Streiter,
hilf mir gnädig weiter.
Schütz mich vor der Schande, daß ich hier versande
vor der Widersacher Bande.

Nur Dich will ich loben,
Du hast mich erhoben
über all die Vielen,
die mich überfielen.
Darum, Gott der Ahnen, preis ich Deinen Namen
jetzt und ewig, Amen, Amen.

GÉZA ENGL

Fleht zu Gott in der Verbannung

Oh, mein guter Gott,
Dir, Deinem Gebot,
hab ich mich ergeben.
Du besitzt die Macht,
hab denn auf mich Acht,
führ mich durch das Leben.

Dir hab ich geweiht
seit der Kindheit Zeit
mich auf allen Wegen.
Nach dem Vater schon
rief als Kind der Sohn,
bat um Deinen Segen.

Hab in Dich auch jetzt,
mein Vertraun gesetzt,
wer sonst könnt mich leiten?
Ich verlasse mich
nur allein auf Dich
in den schweren Zeiten.

Was ist es Dir wert,
wenn mir, der Dich ehrt,
böse Zweifel kommen?
Hast Du Dich nicht schon
durch den eignen Sohn
meiner angenommen?

Hör mich an, darum,
Dir gereicht’s zum Ruhm
das, worum ich bitte:
Deine Hand entzieh
mir, dem Strauchler, nie,
lenke meine Schritte.

Lieber Gott, gewähr,
was ich heiß begehr.
Glück zu Deinem Preise.
Segne dieses Haupt,
das an Dich nur glaubt,
mach mich klug und weise.

Wie Du milden Tau
lassest rieseln lau
auf die Frühlingsgärten,
wie den Baum, den Strauch,
also labe auch
mich, den Leidverzehrten.

Daß ich Ruhe fänd
bis ans Lebensend,
preisend Deinen Namen,
denn das höchste Gut,
welches Not uns tut,
spendest Du nur. Amen.

Dies ich schrieb, verbannt
an den Meeresstrand,
im jahr fünfzehnhundert-
einundneunzig, dann,
als den Ozean
traurig ich bewundert.

GÉZA ENGL

Über eine polnische Zitherspielerin

Ja, bei der Susann
mag ich gerne weilen,
schießt sie mich auch an
mit Cupidos Pfeilen.
Bin gefangen
von den Wangen,
die wie rote Rosen prangen.
Haar aus Golde
hat die Holde,
ob ich sie umarmen sollte?
Ob’s die Süße dulden wollte?

Engelhaft entzückt
mich ihr Blick, das fühlt ich,
aber dann berückt
mich ihr Lied endgültig.
Wie sie schaut,
so vertraut,
ist sie mir die liebste Braut.
Schaut sie blaß
voller Haß:
Angstschweiß macht die Stirn mir naß:
Bitte, bitte, laß das, laß!

Schön ist ihr Gesicht
wie ein Sommermorgen,
ihr Gesang zerbricht
alle meine Sorgen.
Weist zurück
mich ihr Blick
bang ich, Armer, um mein Glück.
Doch der Schreck
ist bald weg,
wenn mit scharfem Witz mich neckt
der Kobold, der in ihr steckt.

Fällt beim Kartenspiel
Trumpf auf meine Herzen,
weiß daraus sie viel
kundzutun, zu scherzen:
Fürcht dich nicht,
Zuversicht!
Denn bei ihr das Eis bald bricht.
Trumpf auf Rot
bannt die Not,
dir steht Glück zu, sichres Brot,
Unheil dir gewiß nicht droht.

Ja, sie bleibt dir treu,
dir ihr Herz anbietet,
dafür ohne Reu’
sie das deine hütet.
Jeden Schritt
geht sie mit
und erfüllt dir jede Bitt’.
Tu’s ihr gleich,
aber gleich,
und ihr werdet beide reich,
selig wie im Himmelreich.

Längst hat sie’s gewollt,
daß du um sie freiest,
treu ist sie wie Gold,
Zeit, daß du’s auch seiest.
Dir sich schenken,
nie dich kränken,
sich allein in dich versenken,
läßt sich lenken,
frei von Ränken,
dir nur Glück und Freude schenken –
Kannst du dir was Bessres denken?

Suse, schöne Polenmaid,
zupft die Saiten wieder,
singt sie froh zu meiner Freud
allerliebste Lieder.
Ganz von Sinnen,
sie zu minnen,
tief im Liebesrausch schon drinnen,
hör ich Stimmen:
Draußen, drinnen,

dich, Susann, will ich gewinnen,
dann in Seligkeit zerrinnen.

GÉZA ENGL

Schenke mir den Frieden…

Schenke mir den Frieden,
laß mich ruhn hienieden,
himmlischer Herr!
Sieh, wie ich mich quäle,
mir den Geist, die Seele
nach Dir verzehr.

Oh, es ist schon lange,
daß ich nach Dir bange,
himmlischer Born.
Laß mein Herz sich läutern,
gegen Dich nie meutern,
spare den Zorn.

Ob des teuren Lohnes,
Opfer seines Sohnes
sprach frei uns Gott.
Christi Blutes wegen
spend auch jetzt den Segen
mir in der Not.

Du kannst meine Sünden
gnädig überwinden
mit deiner Huld.
Denn sie ist unendlich,
sieht nicht drauf wie schändlich
all meine Schuld.

Und wenn Deine Güte
nicht so reich mehr blühte?
Wär es gerecht,
daß der Quell der Labe
nichts mebr übrig habe
für Deinen Knecht?

Zweifel sei mir ferne,
oh, ich glaub so gerne
ans Unterpfand.
Streck aus Deine Hände
und gewähr ein Ende,
wie’s im Buch stand.

Herr, Dich mein erbarme,
breite aus die Arme,
schließ auf das Tor.
Schenke meinem Leben
Flügel zum Erheben,
die es verlor.

Laß mich wieder fliegen
und, Dich segnend, siegen,
von Schuld befreit.
Fliegen durch die Weiten,
dann beruhigt scheiden
ohn Qual und Leid.

GÉZA ENGL

Epigramme

DIE HAND DER SIEBENBÜRGERIN
Wenn ich ihr auch diene, ich noch nicht verdiene,
daß sie Liebe mir gewährt.
Glück ich schon empfinde, wenn die Hand mir linde
übern siechen Körper fährt.
Nähm sie mich als Hausknecht, wäre mir das auch recht,
wär für sie ich doch von Wert.

COELIAS KUMMER
Coelia, Lilienengel mit dem Knick im Stengel,
läßt das Köpfchen hängen matt.
Nein, es steht nicht grade, hängt herab – wie schade,
weil sie einen Kummer hat.
Tränen läßt sie fließen, die das Gras begießen
wie der Morgentau das Blatt.

SCHEIDEN VON DER LIEBSTEN AM MORGEN TUT WEH
Wenn das Dunkel schwindet, Tag sein Licht entzündet,
leuchtend, hell auf Busch und Wald.
Amseln, Lerchen singen, Hasen, Rehe springen,
wenn Auroras Ruf erschallt.
Alle freut der Morgen, nur mir bringt er Sorgen,
weil ich scheiden muß so bald.

VON SEINEM DURCH LIEBE ANGEFACHTEN GEIST
Wie in einem Topfe brodeln mir im Kopfe
Verse wie Ameisenbrut.
Hör sie wehe wimmern tief in meinem Innern,
die du schürst, ach Liebesglut.
Sprich, mit wenig Tönen kannst du mich versöhnen,
deine Stimme Wunder tut.

GÉZA ENGL

An Fulvia

Lang liebt ich Julia,
heiß liebt ich Coelia
manch schönes Jahr.
Jener mit Schmerzen,
dieser von Herzen
hörig ich war.
Jetzt ist alleine
Fulvia die meine –
sie ich bewahr.

GÉZA ENGL