Die deutsche Außenpolitik der Vorkriegszeit Ungarns Ministerpräsident Gyula Gömbös war der erste Staatsmann, der Adolf Hitler nach dessen Machtergreifung 1933 besuchte. Dies war der Beginn eines unheilvollen Lavierens zwischen einer Annäherung an die Nachbarländer und einer Kooperation mit dem Deutschen Reich. Eine Strategie, mit der Ungarn Teile der einstigen Landesgebiete zurückbekommen sollte, um nach dem Zweiten Weltkrieg wieder alles zu verlieren.

Die Wellen der Weltwirtschaftskrise 1929 erreichten Ungarn erst im Jahre 1931. Die ausländischen Kreditoren strichen alle Anleihen und die Gold- und Devisenreserven des Landes wurden innerhalb kurzer Zeit ausgeschöpft. Der Preis für Agrarprodukte fiel auf dem Weltmarkt abrupt, deswegen war auch im Export kein Geld mehr zu machen. Das Land war zahlungsunfähig. Ungarns politische Elite wusste, dass die Genesung der ungarischen Wirtschaft ohne ausländische Unterstützung nicht möglich sei. Doch das Land war international isoliert. Nur mit Italien war es gelungen, 1927 einen Freundschaftsvertrag zu schließen. Von dieser Vereinbarung erhoffte man sich Unterstützung bei der Revisionspolitik: Man wollte die durch den Frieden von Trianon verlorenen Gebiete zurück. Mit Polen kam es 1928 zu einer Vereinbarung.

Nach 1931 öffnete Deutschland seine Grenzen für ungarische Exportprodukte. Man sah mit großen Erwartung der deutsch-ungarischen Handelsvereinbarungen entgegen und war davon überzeugt, dass daraus eine Art Schutz- und Trutzbündnis der ehemaligen Kriegsverlierer entstehen könnte. Unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung beauftragte der ungarische Ministerpräsident Gyula Gömbös den Stellvertreter des Außenministers, ihm zu einem Gespräch mit dem Führer zu verhelfen.

Während die Vermittler sich um die Kontaktaufnahme bemühten, weilte ein anderer ungarischer Politiker in Deutschland. Es war Gömbös’ Vorgänger István Bethlen, der Vorträge in verschiedenen Städten Deutschlands hielt. Ungewollt musste er die Aufgabe eines Vorboten übernehmen. Seinen Gesprächspartnern, Hitler, Vizekanzler von Papen, Außenminister Neurath und Kriegsminister Blomberg, versicherte Bethlen, dass Ungarn Deutschland im Kampf gegen die Kleine Entente aus Jugoslawien, Rumänien und der Tschechoslowakei unterstützen würde.

Im Juni 1933 reiste Gömbös als erster europäischer Staatsmann nach der Machtergreifung nach Berlin, was international großes Aufsehen erregte. Hitler und Gömbös waren sich einander sofort sympathisch. Gömbös nahm anschließend an einer SS-Kundgebung in Erfurt teil, von der er im ungarischen Parlament sehr enthusiastisch erzählte. Hitler hatte dem ungarischen Regierungschef versichert, dass das Deutsche Reich die ungarischen Ansprüche gegen die Tschechoslowakei unterstützen werde.

Ein Jahr später im März 1934 wurden die Römischen Protokolle unterzeichnet, eine Vereinbarung zwischen Österreich, Italien und dem Königreich Ungarn. Gömbös formulierte danach folgende außenpolitische Konzeption: „Ungarn fühlt sich berufen, im Karpatenbecken eine eigene Politik zu betreiben – südlich der Donau auf Italien, nördlich der Donau auf Deutschland gestützt.” Das hörte man in Berlin nicht gerne.

Als Gömbös im September 1935 erneut in der Wilhelmsstrasse verhandelte, konnte er nur eine Verbesserung der deutsch-ungarischen Handelsbeziehungen erreichen. Die im Februar 1934 unterzeichnete zweite Zusatzvereinbarung trug bereits Früchte:

Ungarn exportierte während des ersten Jahres 48.000 Rinder, 3000 Tonnen Schweinefleisch, 1,5 Tonnen Speck, 3000 Tonnen Schmalz, 500.000 Zentner Getreide und Mais sowie 250.000 Zentner Gerste. Am Gesamtexport Ungarns nahm das Dritte Reich mit einem Anteil von 22 Prozent – ab 1937 waren es sogar mehr als 42 Prozent – eine führende Stellung ein.

Horthy und Hitler

Döme Sztójay, der ungarische Gesandte in Berlin, schrieb Anfang August 1936 an Außenminister Kálmán Kánya: „Nach Hitlers Auffassung wäre es für Ungarn nicht zweckmäßig, die Revision übermäßig zu betonen, denn dann wenden sich die Kleine Entente und ihre Parteigänger gegen uns und bleiben wach. Er sympathisiert mit uns, hält aber eine Festlegung der ungarisch-deutschen Beziehungen in konkreter Form zur Zeit nicht für zweckmäßig.” Der ungarische Reichsverweser Miklós Horthy sollte Hitler unter anderem davon überzeugen, dass die Ungarn ihre Geduld nicht verlieren und sich in keine „abenteuerliche Unternehmungen stürzen” sowie „die gemeinsamen Interessen in antibolschewistischer Richtung” stets vor Auge halten.
Am 22. August 1936 kam es zu einer dreieinhalbstündigen Unterredung zwischen Horthy und Hitler. Man sprach von der Entwicklung der europäischen Kontakte. Hitler meinte, dass der Konflikt zwischen den bolschewistischen und bürgerlich-autoritär regierten Ländern unvermeidlich sei. Im Fall von Österreich war Horthy überzeugt, dass der Anschluss mit der Zeit von selbst erfolgen würde, sobald die „alte Generation aussterbe, welche noch viele Hemmungen überwinden müsse”.

Horthy Miklós

Er ist in Kenderes geboren.Die Familie hatte ein Gut von 1700 Morgen Land. Er war bei der Marine.
5 Jahre lang war er im Dienste als Flügeladjutant von Franz Josef tätig. Er hat seine Meldungen von Kostantinopel der Monarchie geschickt.
Sein Sohn Vitez Nagybanyai Horthy Istvan ist mit Flugzeug am 20. August 1914 abgestürzt.
Horthy Miklos ist 1957 in Lisabon gestorben. Seine sterbliche Überreste sind am 04.09. 1993 nach Ungarn geliefert worden.

Die Möglichkeit zur nächsten Unterredung war der Leichenschmaus nach dem Begräbnis des Ministerpräsidenten Gyula Gömbös. Dieser fand am 11. Oktober 1936 im Budapester National-Casino statt. Reichsmarschall Hermann Göring schwadronierte dabei: „Wir möchten Österreichs innere Lage nicht stören, obwohl zwei Divisionen genügen würden, um das Land in kurzer Zeit zu überrennen” oder „Wir werden nicht dulden, dass das kerndeutsche Sudetenland unter tschechischer Herrschaft verblutet”. Diese zeugten davon, dass sich die Kriegspläne des Reiches in einer fortgeschrittenen Phase befanden. Hitlers Haltung – er stand nicht hundertprozentig hinter Ungarns Revisionsplänen – löste bei den Budapester Politikern Enttäuschung aus.

Bündnis um Bündnis

1935 verbündete sich die Sowjetunion mit Frankreich, und ein Jahr später kam die Achse Berlin-Rom sowie Berlin-Tokio zustande, der so genannte Antikominternpakt. 1935 besetze das Dritte Reich das Saarland, 1936 zog die Wehrmacht in die entmilitarisierte Zone am Rhein ein und am 12. März 1938 wurde Österreich angeschlossen. Italien führte seinen ebenso sinnlosen wie verheerenden Feldzug gegen Abessinien. Die ungarischen Belange spielten in ihrer „großen Politik” so gut wie keine Rolle. Die Westmächte versuchten eine Teilung der Tschechoslowakei zu verhindern und wollten deshalb, dass Ungarn statt der Freundschaft mit Deutschland seine Beziehungen zur Kleinen Entente verbessert. Ungarn wählte die Taktik des Lavierens und hoffte, damit alle Seiten zu befriedigen.

In dieser heiklen Situation schickte der Chef der deutschen Abwehr, Admiral Canaris, seinen Vertrauten Major Fruck am 27. Mai 1938 nach Budapest. Er sollte den Zustand der ungarischen Streitkräfte erkunden. Fruck beruhigte seinen Gesprächspartner, Oberst Rezsõ Andorka, dass Deutschland alle Probleme auf friedlichem Wege lösen werde. Angesichts der traditionellen ungarisch-polnischen Freundschaft intrigierte Fruck gegen Warschau: Die Polen hätten einen Grenzstreifen von Oberungarn beansprucht. Da Deutschland keine militärische Verbindung zu Polen hatte, bat das Reich Ungarn zu vermitteln.

Genau einen Monat später machte Andorka, unterwegs nach Warschau, einen Zwischenstopp in Berlin. Der ungarische Vermittler gelang zu der Überzeugung, dass „die deutsch-polnischen militärischen Beziehungen noch kühler sind, als wir uns das vorgestellt haben.” Während Andorka in Polen war, wurden Hitlers Aggressionspläne gegen die Tschechoslowakei immer offensichtlicher. Ungarn erneuerte umgehend seine Kontakte zur Kleinen Entente und kam mit der Tschechoslowakei, Rumänien und Jugoslawien überein: Ungarn wurde als gleichberechtigt anerkannt, man wollte sich nicht gegenseitig angreifen.

Als Hitler und Ribbentrop vom Pakt erfuhren, platzten sie beinahe vor Wut. Ungarn hatte die Spielregeln verletzt. An diesem Tag fiel der berühmte Satz Hitlers: „Wer am Tisch sitzen will, muss auch beim Kochen helfen.” Horthy wusste, dass „der Tisch” in diesem Fall die Realisierung der ungarischen Revisionspläne bedeuten konnte und sagte seine Unterstützung für den geplanten Angriff auf die Tschechoslowakei zu. Die verängstigte westliche Allianz lenkte zunächst ein und unterzeichnete am 29. September 1938 das Münchner Abkommen, wonach das Sudetenland ans Dritte Reich angeschlossen werden durfte.

Ungarns Ansprüche wurden einen Monat später, am 2. November, in Wien behandelt. Ungarn erhielt den südlichen Streifen des früheren Oberungarn zurück. Dies bedeutete für das Land einen Gewinn von 11.927 Quadratkilometern und 1,6 Mio. Einwohnern. Nach diesem ersten Wiener Schiedsspruch wurden weitere Gebietsforderungen laut, obwohl alle wussten, dass dies nur die Bindung an Hitlerdeutschland verstärken würde. Im Januar 1939 schloss sich Ungarn dem Antikominternpakt an und trat aus dem Völkerbund aus. Damit nahm es nach langjähriger Gratwanderung am Tisch der Achsenmächte Platz.